Der Star am Dirigentenpult

Lorin Maazel und das Philharmonia Orchestra in der Tonhalle.

Düsseldorf. Er steht jetzt seit ziemlich genau 70 Jahren vor bedeutenden Orchestern, der amerikanische, in Paris geborene Dirigent russischer Abstammung Lorin Maazel.

1939 hatte der berühmte Pultmagier Leopold Stokowski den neunjährigen Wunderknaben Lorin eingeladen das Los Angeles Philharmonic zu dirigieren - Beginn einer ungewöhnlichen Kinderkarriere.

Bis heute dirigiert Maazel ausschließlich Spitzenorchester. Jetzt gastierte der 79-Jährige mit dem Philharmonia Orchestra London in der voll besetzten Tonhalle und glänzt mit einem Dirigat von großer Eleganz und Verve.

Prunkstücke des Konzertrepertoires stehen auf dem Programm: Peter Tschaikowskys 1. Klavierkonzert und Modest Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung" in der farbigen Orchesterfassung Maurice Ravels.

Für solche symphonische Raffinesse ist das Philharmonia Orchestra mit seinem opulenten Sound und der spieltechnischen Präzision wie geschaffen. Der bizarr bedrohliche "Gnom", das bunte und hektische Treiben auf dem Marktplatz "Limoges", die rasant galoppierende "Hütte auf Hühnerfüßen" oder das "Große Tor von Kiew" - das alles schillert eindrücklich.

Allerdings tendiert Maazel zur Eile und hält sich nicht lange mit Einzelheiten auf. Die "Promenade" rafft Lorin Maazel, als hätte er keine Zeit zu verlieren. Den "Katakomben" nimmt er durch das erhöhte Tempo leider die Mystik. Umso faszinierender sind die vielen virtuosen Passagen, an denen das Orchester seine Brillanz und der Dirigent seine Souveränität als Koordinator unter Beweis stellen.

Diese Verve kommt schon im Eröffnungsstück, den "Tänzen aus Galánta" von Zoltán Kodály, zum Ausdruck und setzt sich im Tschaikowsky-Konzert fort. Als Solist gewinnt man den 30-jährigen Mazedonier Simon Trpceski, Gewinner zahlreicher internationaler Klavierwettbewerbe. Der Pianist besitzt eine glänzende Technik und enorme Formungskraft.

Die virtuosesten und dichtesten Passagen vermag er mit einem brillanten Schliff zu versehen. Allerdings wirkt sein Spiel gleichzeitig emotional neutral. Da vermisst man jene Leidenschaft, die währenddessen das Londoner Spitzenorchester unter Maazels stets gewandter Leitung zum Ausdruck bringt.