Morrissey blendet sein Publikum
50 Euro für 80 Minuten: Für das, was die Pop-Ikone im Düsseldorfer Stahlwerk bot, war der Eintritt schlicht zu hoch.
Düsseldorf. Morrissey mag es derzeit wohl gerne laut. Der Gentleman der britischen Popmusik, der in den 80er Jahren mit der Indie-Band The Smiths berühmt geworden war, wollte jedenfalls am Donnerstag bei seinem Konzert im Stahlwerk offensichtlich zeigen, dass man mit 50 Jahren keineswegs zu alt für Krach sein muss.
Schon während der ersten Takte demonstrierte er, wie er das meint - unterstützt von einer Rockband, die ihm die musikalische Basis lieferte: laut, rockig, treibend.
Die zuweilen übersensible Pop-Ikone, der man einen gewissen Narzissmus wohl nicht absprechen kann, begeisterte das Publikum schon in der ersten Konzerthälfte mit Songs wie "Ganglord" und "I’m throwing my arms around Paris", erging sich in theatralisch-dramatischen Gesten.
Dazu gab’s eine spektakuläre Lichtshow, deren Sinn streckenweise hauptsächlich darin bestand, das Publikum in rasanter Taktung zu blenden - kurz: Der Meister inszenierte sich gekonnt selbst.
Körperlich wieder fit, sprang er über die Bühne und nahm den Fans die Sorgen um seinen Gesundheitszustand. Erst vor einem Monat war er im englischen Swindon wegen eines Schwächeanfalls auf der Bühne zusammengebrochen.
Von Schwäche am Donnerstag keine Spur, jedenfalls nicht bei Morrissey. Das Publikum schwächelte allerdings hin und wieder - vor allem, wenn Songs vom neueren Album "The years of refusal" gespielt wurden. Selbst beim mitreißend krachig interpretierten "Black Cloud" verhielten sich die Fans eher ruhig.
Umso besser war die Stimmung immer dann, wenn alte Hits ausgepackt wurden: Bei "Irish blood, english heart" und "Ganglord" gab’s beim Publikum kein Halten mehr. Die Texte sang jeder auswendig mit, und Morrissey konnte im Jubel der Konzertbesucher baden.
Seinen inzwischen fast schon standardmäßigen Striptease legte er diesmal zweimal hin und warf die abgelegten Hemden in die Menge. Insgesamt zeigte sich Morrissey wortkarg. Witzig wurde er nur, als er zunächst die Band und dann sich selbst mit "Ich bin Michael Bublé" vorstellte.
Der überzeugte Vegetarier missionierte seine Fans diesmal auch nur indirekt: Die Pizza gab es "auf Wunsch des Künstlers nur vegetarisch", im Foyer hatte die Tierrechtsorganisation Peta einen Stand. Den Werbepostkarten lieh Morrissey neben seinem Gesicht auch den Spruch "Meat is murder" (Fleisch ist Mord): So hieß schon das zweite Studioalbum von The Smiths von 1985.
Am Ende plätscherte das Konzert ein bisschen dahin, und mit "I’m ok by myself", einem Song der jüngeren Schaffensperiode, war nach gut einer Stunde auch schon Schluss. Morrissey bequemte sich zwar noch für zwei Zugaben auf die Bühne - doch wer 50 Euro für seine Karte auf den Tisch gelegt hatte, dürfte wohl mehr erwartet haben als 80 Minuten Morrissey.