Dirigent Sir Colin Davis gestorben
London/Dresden (dpa) - Die Musikwelt trauert um den britischen Stardirigenten Sir Colin Davis. Der weltbekannte Maestro starb am Sonntag im Alter von 85 Jahren nach längerer Krankheit in London, wie das Londoner Symphony Orchestra (LSO) mitteilte.
Im Laufe seiner Karriere stand er zahlreichen berühmten Orchestern vor. „Er war ein Gigant“, würdigte ihn der musikalische Direktor des Royal Opera House Covent Garden in London, Antonio Pappano.
Von 1995 bis 2006 war Sir Colin Davis Chefdirigent des London Symphony Orchestra (LSO), das er erstmals 1959 dirigiert hatte. Zuletzt war er dessen Präsident. „Die Rolle von Sir Colin im britischen Musikleben war riesig ... Musikliebhaber in der ganzen Welt sind von seinen Aufführungen und Aufnahmen inspiriert worden,“ hieß es in der LSO-Erklärung.
In den USA wirkte er beim Boston Symphony Orchestra und beim New York Philharmonic Orchestra. Enge Beziehungen hatte Davis, der international vor allem für seine Interpretationen von Mozart, Berlioz und Sibelius angesehen war, zudem zur Sächsischen Staatskapelle Dresden und zum Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in München.
Die Sächsische Staatskapelle widmet ihrem Ehrendirigenten nun ihre Konzerte in New York. „New York war eine der künstlerischen Wirkungsstätten von Sir Colin Davis - London und Dresden blieben bis zum Schluss seine musikalische Heimat“, sagte Orchesterdirektor Jan Nast. Sir Colin dirigierte mehr als 300 Aufführungen in Dresden. 1990 wurde er zum ersten Ehrendirigenten der Staatskapelle ernannt.
Ende Januar hatte Davis alle Konzerte bis zum Ende der aktuellen Spielzeit im Sommer abgesagt. Im Mai 2012 hatte er in der Semperoper einen Schwächeanfall erlitten, das Dirigat aber dennoch beendet. Das Orchester hatte für die nächste Saison mit dem Briten bereits geplant. „Er hatte sich schon ein Programm für dieses Konzert überlegt“, sagte Nast. „Dass es dazu nun nicht mehr kommen wird, macht uns alle sprachlos und erfüllt uns mit großer Trauer und Wehmut.“
Auch das Royal Opera House Covent Garden in London hatte Davis bereits auf dem Spielplan für die nächste Saison. Dort hatte er mehr als 15 Jahre als Musikdirektor gearbeitet. „Wir hatten bereits Zukunftspläne mit ihm, aber viel wichtiger ist, dass dieser Abschied nun das Ende einer Ära bedeutet“, sagte der heutige musikalische Direktor Antonio Pappano. Diese Ära sei bei großen internationalen Opernhäuser von Visionen, Energie und höchster Anstrengung geprägt gewesen.
Davis hatte zahlreiche wichtige Klassik-Preise gewonnen, darunter zwei Grammys. Verbunden war er auch mit dem BBC Symphony Orchestra und dem English Chamber Orchestra. Zudem unterrichtete er junge Musiker an der renommierten Royal Academy of Music.
Davis wurde am 25. September 1927 in Weybridge in der südenglischen Grafschaft Surrey geboren. Er studierte am Royal College of Music in London. Schon während des Militärdienstes spielte er als Klarinettist in der Kapelle einer Kavallerieeinheit.
Davis, der 1980 zum Ritter geschlagen wurde, hat in all den Jahren auf Bescheidenheit gesetzt. Seine Musik kam für ihn immer an erster Stelle. In einem Interview sagte er einmal: „Die klassische Musik ist die schönste Erfindung des Menschen. Es wird immer Leute geben, die sich davon verführen lassen.“ Für ihn sei Musik immer ein Lebenselixier gewesen