Musikpreis in Berlin Echo-Gala: Große Künstler, Männer-Zoff und Freiheit
Berlin (dpa) - Ein großer Gewinner, zwei Überraschungen und ein Lästermaul, das gar nicht dabei war: Bei der runderneuerten Echo-Verleihung in Berlin sind viele Preise, aber auch heftige Kritik verteilt worden.
Im Fernsehen war das allerdings - anders als in den Vorjahren - nicht live zu sehen. Der Privatsender Vox hatte die Show erst am Freitagabend im Programm, fast 24 Stunden nach der Gala.
Udo Lindenberg war der große Gewinner des Abends. Der 70-jährige Panikrocker bekam gleich drei Preise. Neben dem Produzentenpreis wurde er in den wichtigen Kategorien Künstler Pop national und Album des Jahres ausgezeichnet. „Jetzt bin ich ehrlich geplättet. Jetzt bin ich wirklich stehend K.o.“, sagte er auf der Bühne in den Messenhallen. Seinen ersten Echo - den für das Lebenswerk - hatte Lindenberg schon vor 25 Jahren gewonnen. „Andere Leute gehen in Rente und wir pushen immer weiter.“
Marius Müller-Westernhagen (68) wurde für sein Lebenswerk geehrt und wandte sich mit politischen Worten ans Publikum - gegen Populismus, Intoleranz und Ausgrenzung: „Widerstand ist wertvoller als Duckmäusertum“, sagte er unter anderem - und spielte zum Abschluss der Gala seinen Hit „Freiheit“.
Fernsehsatiriker Jan Böhmermann hatte dagegen schon Stunden vor der Show für schrille Töne gesorgt. In einem Video seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ lästerte er über den Echo und die Kommerzialisierung der deutschen Popmusik. Außerdem präsentierte er in einem Musikvideo seinen parodistischen Pop-Song „Menschen Leben Tanzen Welt“, mit dem er die seiner Meinung nach allzu gefühlige Deutsch-Pop-Szene aufs Korn nimmt.
Tote-Hosen-Sänger Campino schoss auf der Gala heftig zurück: „Lieber uncool sein, als ein cooles Arschloch, das sich nicht konstruktiv einbringen kann“, sagte er und sprach von „Böhmermannschem Zeitgeistgeplapper“. Musiker sollten sich engagieren und für die gute Sache einsetzen, sagte er in seiner Laudatio auf den Sonderpreisträger, die Initiative „Viva con Agua“.
Überraschende Doppelpreisträger waren der englische Bluessänger Rag'n'Bone Man (Newcomer international, Künstler international) und die deutsche Rockband AnnenMayKantereit (Newcomer national, Pop national). Auch die Favoriten des Abends bekamen zwei Preise: Das Hip-Hop-Trio Beginner war in vier Kategorien nominiert, gewann letztlich in der Sparte Hip Hop/Urban national sowie den Kritikerpreis. „Das ist auf jeden Fall Hammer“, sagte Rapper Denyo. Bei all den miesen Rezensionen für ihr Album „Advanced Chemistry“ sei der Kritikerpreis „der größte Treppenwitz des Jahres“, witzelte sein Bandkollege Jan Delay.
Etliche Preisträger kamen allerdings nicht zu der Preisverleihung: Rapper Drake, der mit „One Dance“ den wichtigen Preis für den Hit des Jahres bekam, sowie Andreas Gabalier, mit seinem „MTV Unplugged“-Album erfolgreich in der Kategorie Volkstümliche Musik. Warum die US-Rocker Metallica und die australische Sängerin Sia, die ebenfalls Echos gewannen, in der Show nicht mal genannt wurden, blieb so manchem Zuschauer ein Rätsel.
Die Live-Auftritte der Musiker gehörten zu den Höhepunkten der auf Zweieinviertelstunden stark gestrafften Show: Beth Ditto rockte die Bühne ebenso wie Udo Lindenberg, der gemeinsam mit Wolfgang Niedecken, Johannes Oerding, Henning Wehland und Daniel Wirtz den Kracher-Song „Einer muss den Job ja machen“ präsentierte. Die Toten Hosen feierten eine Weltpremiere und spielten ihr neues Lied „Unter den Wolken“.
Das Moderatorenduo Sasha und Xavier Naidoo bemühte sich nach Kräften, bekam aber eher mäßige Kritiken - irgendwie zündeten die Witze nicht so richtig. Alles in allem eine ordentliche Gala, aber keine Neuerfindung des Genres.