Meinung Radikalreform des „Echo“ nach dem Eklat
Den bisherigen „Echo“ wird keiner vermissen. Es hat ihn in Wahrheit auch keiner wirklich gebraucht. Wenigstens nicht im Pop-Bereich. Dort wurde ausgezeichnet, wer sowieso gut verkaufte. Nicht die künstlerische Qualität.
Nicht das Neue, Gewagte, Avantgardistische oder besonders Gekonnte.
Helene Fischer, die Kastelruther Spatzen, Xavier Naidoo, für sie alle war die Auszeichnung bloß ein Zusatz-Gig. Der Preis war zuletzt nur noch ein Geschmacksverstärker. Der Fall Kollegah und Farid Bang hat gezeigt: auch ein Verstärker für schlechten Geschmack. In diesem Fall sogar für puren Antisemitismus. Dass Künstler wie Daniel Barenboim oder Marius Müller-Westernhagen jetzt ihre Trophäen zurückgaben, kann die Branche nicht wirklich überrascht haben. Trash und Kultur, auch Popkultur, gehören nicht in einen Topf.
Wer will die „Echo“-Übertragung künftig noch sehen, wer damit werben, wenn die Marke so beschädigt ist? Die Branche hat das kapiert und schaltet jetzt um auf Ernsthaftigkeit. Neue, nicht so kommerzielle Kriterien, eine andere Jury, Vergabe nur noch in einem kleinen Kreis ohne TV-Inszenierung. Das ist eine Radikalreform, deren Mut gewürdigt werden muss. Die künftige Auszeichnung wird so vielleicht weniger massenwirksam. Aber sicher bedeutender. Denn nun bekommen auch Künstler eine Chance, die echte Impulse setzen. Er wird ein Preis sein, auf den seine Träger wirklich stolz sein können.
Die anderen Preisverleiher in der deutschen Unterhaltungsindustrie sollten sich den Fall genau anschauen. Ob bei „Bambi“ oder „Deutscher Fernsehpreis“ — auch diese Shows wirken inzwischen ausgeleiert und langatmig, die Auswahl der Gewinner willkürlich. Mainstream, Quotierung nach Sendern, Publikumserfolg, das scheinen die alleinigen Kriterien zu sein. Auch diese Formate laufen sich auf die Dauer tot oder produzieren Skandale. Bestenfalls Langeweile.