Erben der Black Crowes: Die Brüder Robinson

Berlin (dpa) - Einst waren The Black Crowes das heißeste neue Ding in der US-Rockmusk. Lang ist's her - seit Jahren gehen die Bandgründer Rich und Chris Robinson meist getrennte Wege. Nun erscheinen fast gleichzeitig zwei neue Alben der Brüder.

Foto: dpa

RICH ROBINSON: Ein Fest für Gitarren-Fans

Foto: dpa

„The Ceaseless Sight“ (Circle Sound/The End Records) dürfte Fans der Mega-Band durchaus gefallen. Seit Beginn der 90er Jahre hatten The Black Crowes mit einer energiegeladenen Mixtur aus Rolling Stones, The Faces, Allman Brothers und dem Soul der Südstaaten sagenhafte 35 Millionen Tonträger verkauft - und auch das dritte Album von Rich Robinson (45) bewegt sich nun sehr stilsicher an der Schnittkante von schwitzigem Rock 'n' Roll, urwüchsigem Southern Soul, Blues und Country-Folk. Vor allem ist dies ein Fest für Gitarren-Fans, denn hier ist ein Meister am Werk. Und auch als Sänger macht Robinson eine gute Figur.

Der Sound könnte üppiger kaum sein: Robinsons jaulende und jauchzende Sechssaitige, viel Honkytonk-Geklimper, eine kräftig bolzende Rhythmustruppe, weibliche Backing-Vocals und fette Orgelschübe. All das ist den Großtaten der Black Crowes gar nicht so unähnlich. „Die Platte folgt dem Pfad meiner musikalischen Reise seit 25 Jahren“, sagt Rich Robinson und will gar nicht erst so tun, als würde er das Rad neu erfinden. An Black-Crowes-Klassiker wie „The Southern Harmony and Musical Companion“ (1992) und „Amorica“ (1994) reicht „The Ceaseless Sight“ nicht heran - macht aber nichts, denn dieses Album ist schön traditionsbewusst komponiert, knackig produziert - und macht einen Heidenspaß.

CHRIS ROBINSON BROTHERHOOD: Perfekte Psychedelia

Schon der Albumtitel „Phosphorescent Harvest“ (Silver Arrow/Soulfood) und die Covergestaltung deuten es an: Black-Crowes-Sänger Chris Robinson und seine Brüder im Geiste beabsichtigen nicht, ihren Flirt mit psychedelischem Rock, Boogie und Soul zu beenden - die drogenumnebelten 70er lassen weiterhin grüßen. Schon auf „Big Moon Ritual“ und „The Magic Door“ hatte das Quintett normale Songformate ignoriert und es kräftig wuchern lassen. Nun setzen sie den Trip über 65 Minuten fort. Bis auf zwei reine Robinson-Songs hat der fabelhafte Gitarrist Neal Casal - dessen Solo-Werk und die Platten mit Ryan Adams eine Entdeckung wert sind - das Album mitgeschrieben.

Casal, ein Mann mit enormen Kenntnissen der US-Rock-Traditionen, ist mehr noch als auf den vorherigen Brotherhood-Werken Herz und Hirn der Band. Und Chris Robinson (47) liefert die formidable Stimme dazu - angesichts reichlich überlieferter Exzesse während seiner Black-Crowes-Zeit ein kleines medizinisches Wunder. Der Sänger hatte kürzlich eingeräumt, dass sich mit dieser Art von leicht abgedrehter Americana heute wohl nicht mehr das große Geld machen lässt, aber: „Wenn wir ernsthaft dabei bleiben und unsere Energien in eine kreative Richtung führen, dann werden sich die Leute unserer kleinen Gemeinde anschließen, und vielleicht wird sie dann populärer...“ Es wäre der Bruderschaft zu gönnen.