Etappensieg für umstrittene Tarifreform der Gema

München (dpa) - Ist die Gema schuld, wenn demnächst Discos dichtmachen? Seit der Musikrechteverwerter die Gebühren für Tanztempel reformieren will, laufen Disco-Betreiber, Politiker und der Gaststättenverband Sturm.

Bis zu zehnfach höhere Abgaben, klagen sie, stürzten kleine Clubs in den Ruin. Stimmt nicht, sagt die Gema. Nur die Großen würden draufzahlen - kleine Betreiber sogar sparen. Nun kann die Gema einen Erfolg für sich verbuchen: Ein erster großer Verband - der Bund Deutscher Karneval (BDK) - hat die neuen Tarife akzeptiert und einen Vertrag mit dem Treuhänder abgeschlossen.

Unterstützer scheint der Verein, der dafür sorgt, dass Songschreiber und Komponisten Geld bekommen, wenn ihre Musik in der Öffentlichkeit gespielt wird, kaum zu haben. Konzertveranstalter, Onlineplattformen und Disco-Betreiber verteufeln zu hohe Abgaben, kleine Künstler kritisieren ein unfaires Ausschüttungssystem, das die großen Fische angeblich begünstigt.

Größter Streitpunkt derzeit ist die Tarifreform für die Veranstaltungsbranche. Clubs und Discos beschweren sich über horrende Gebührenerhöhungen - der Gaststättenverband Dehoga spricht von Steigerungen bei einzelnen Betrieben von 500 bis 2000 Prozent.

Gema-Sprecherin Ursula Goebel gibt zu: „Für 40 Prozent der Veranstalter wird es teurer werden.“ Doch diese hätten bislang auch zu wenig bezahlt. Weniger als 10 Prozent der Betreiber würden künftig wirklich stark belastet - vor allem große Diskotheken ab 800 Quadratmetern und acht Euro Eintritt. Statt elf Tarifen soll es nur noch zwei geben - je nachdem, ob die Musik live oder vom Tonträger gespielt wird. Die Gema will dann einheitlich zehn Prozent der Eintrittsgelder bekommen. Damit sei die Reform viel gerechter.

Mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter, zu der auch der Dehoga gehört, verhandelt die Gema derzeit in einem Schiedsverfahren vor dem Marken- und Patentamt (DPMA) in München über die neuen Tarife. Das DPMA ist die Aufsichtsbehörde der Gema.

Der Vertrag mit dem BDK sei daher ein „wegweisendes Ergebnis und ein positives Signal“, jubelt Gema-Vorstandsmitglied Georg Oeller. Nun gebe es für die Branche Rechtssicherheit auf der Grundlage eines ausverhandelten Vertrags. Bislang hatte die Gema die neuen Tarife einseitig verkündet, weil Verhandlungen mit den Musikveranstaltern gescheitert waren.

Der Vertrag mit dem BDK sei auch deshalb so wichtig, weil dabei Erleichterungen ausgehandelt worden seien, die allen zugutekommen, sagt Gema-Sprecherin Ursula Goebel. Die Zuschläge für Clubs, die länger als fünf Stunden Musik spielen, wurden etwa reduziert und die Gebührenerhöhungen sollen nicht auf einen Schlag eingeführt werden, sondern über mehrere Jahre.

Dehoga und die Berliner Clubszene bleiben dennoch bei ihrer ablehnenden Haltung und wollen die Entscheidung der Schiedsstelle in jedem Fall abwarten. „Die neuen Vorschläge sind reine Kosmetik. Finanziell sind sie immer noch ruinös und nicht akzeptabel“, sagt Lutz Leichsenring von der Berliner Clubcommission.

Er ist nicht der einzige, der das Tarifsystem der Gema kritisiert. Es ist tatsächlich hoch kompliziert. 137 Tarife listet die Gema auf ihrer Internetseite auf. Dazu gibt es viele Unter- und Härtefallregelungen. „Eine echte Wissenschaft“, räumt Gema-Syndikus Alexander Wolf ein. „Das ist auch ein bisschen die Krux der Gema. Das führt zu extrem komplexen Verteilungsmechanismen, denn das Geld muss Punkt für Punkt gerecht verteilt werden“, sagt er.

Doch es gibt auch Fürsprecher der Gema. Der Musiker und Autor Sven Regener kritisierte die Geiz-ist-geil-Mentalität vieler, die sich Musik illegal im Netz besorgen zuletzt heftig. Die Urheber bekommen so nämlich nichts. „Das ist im Grunde nichts anderes, als wenn man uns ins Gesicht pinkelt und sagt: Euer Kram ist eigentlich nichts wert, wir wollen das umsonst haben“, sagte er im Bayerischen Rundfunk. Regener sagt: „Die Gema sind letztendlich wir.“

Denn die Organisation sorgt dafür, dass auch die Künstler hinter den bekannten Sängern und Bands Geld für ihre Arbeit bekommen. Alleine könnten sie ihre Rechte kaum gegenüber Veranstaltern und anderen professionellen Musiknutzern durchsetzen. Sie schließen dafür einen Vertrag mit der Gema ab und die treibt dann für sie das Geld ein. Daher wäre es auch in ihrem Sinne, wenn sich die Musikveranstalter schnell mit der Gema über die neuen Tarife einigen.