EU schützt Rechte von Musikern länger

Brüssel (dpa) - Musiker in Europa können künftig länger an ihren Aufnahmen verdienen. Statt wie bisher 50 Jahre sollen die Schutzrechte für Tonaufnahmen in Zukunft 70 Jahre gelten. Diese Verlängerung hat der EU-Ministerrat am Montag in Brüssel beschlossen.

Unter den EU-Ländern war der Schritt seit einigen Jahren umstritten. Von den sogenannten Leistungsschutzrechten für Tonaufnahmen profitieren nicht die Komponisten und Autoren, sondern die ausübenden Künstler - etwa die Sänger oder Schlagzeuger. Wird ihr Hit im Radio oder etwa in einer Diskothek gespielt, verdienen sie daran. Nach Berechnungen der EU-Kommission bringt die Verlängerung Künstlern im Schnitt zusätzliche Einnahmen von 150 bis 2000 Euro pro Jahr.

Für viele der großen Hits von Beatles und Rolling Stones, Bob Dylan und Elvis Presley wäre - ohne diese Verlängerung - der Schutz in Kürze ausgelaufen. Nun aber wird er für alle neuen und alten Aufnahmen länger gewährt, vorausgesetzt sie sind noch nicht älter als 50 Jahre, erklärte ein EU-Diplomat.

Eigentlich hatte die EU-Kommission 2008 gefordert, die Schutzfrist auf 95 Jahre zu verlängern. Das Europaparlament stimmte später aber nur einer Verlängerung auf 70 Jahre zu. Protest von einigen EU-Ländern hatte die Erweiterung dann über Jahre verhindert. Am Montag stimmten die Minister nun mit qualifizierter Mehrheit dafür. Gegner waren unter anderem Belgien, Schweden und die Niederlande. Deutschland stimmte für die Verlängerung, Österreich enthielt sich, teilte der Rat mit. Binnen zwei Jahren muss der Beschluss in nationales Recht umgesetzt werden.

Heute bereits gelten die Urheberrechte von Autoren und Komponisten noch 70 Jahre nach ihrem Tod. Mit dem neuen Beschluss solle die Lücke zwischen Urheberrechten und dem Leistungsschutz für Künstler verkleinert werden, hieß es. Die Verlängerung sei dringend nötig: „Obwohl ihre Musik und ihre Songs immer noch beliebt sind, verdienen viele Künstler, wenn sie älter werden, kein Geld mehr daran“, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier.

Der Beschluss bringt Künstlern mehrere Vorteile: Wenn sie ihre Rechte an ihre Plattenfirma abtreten, diese die Aufnahme aber nicht vermarktet, können sie nun die Rechte zurückfordern. Außerdem sollen Künstler, die ihre Rechte bereits abgetreten haben, ab dem 50. Jahr 20 Prozent der Einnahmen aus ihren Stücken bekommen.

In der Branche ist die Verlängerung aber umstritten. „Die Künstler selbst profitieren kaum“, sagte Philipp Otto vom Fachportal iRights.info. „Denn sie haben in den allermeisten Fällen schon früh in ihrer Karriere ihre Rechte an die Plattenfirmen übertragen.“ Verlierer seien auch die Musikplattformen im Netz: „Durch diese Verlängerung werden viele neue mögliche Geschäftsmodelle im Internet weniger erfolgreich sein.“ Sie könnten alte Aufnahmen, die sie in ihren Archiven haben, ihrem Publikum nicht zur Nutzung bereitstellen.

„Die Verlängerung ist ein großer Erfolg für Künstler und Plattenfirmen“, sagte Pressesprecher Hendrik Gerstung von der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL). Beide Seiten könnten damit „deutlich länger als zuvor“ für ihre Aufnahmen vergütet werden. Die GVL ist nach eigenen Angaben die größte Verwertungsgesellschaft für Leistungsschutzrechte in Europa.