Geigenvirtuose Frank Peter Zimmermann: „Ich habe mir alles erarbeitet“
Am Wochenende gastiert der Geiger Frank Peter Zimmermann mit Beethovens Violinkonzert in der Tonhalle.
<b>Düsseldorf. Herr Zimmermann, in Fachkreisen sind Sie hoch gerühmt, doch den typischen Starappeal haben Sie nicht. Wollen Sie ihn nicht?Zimmermann: Ich habe keine Ambitionen, beim Frisör etwas im Goldenen Blatt über mich zu lesen. Heute erzielt man zwar mit einer Coca-Cola-Karriere höhere Gagen, aber ich verfolge andere Ziele. Meine Vorbilder sind die Dinosaurier der Klassik wie David Oistrakh, Nathan Milstein und Arthur Grumiaux. Diese Musiker waren alle sehr zurückhaltend. Dass die heutige Zeit so äußerlich ist, finde ich erschreckend. Ist das Klassikgeschäft wirklich so äußerlich geworden? Zimmermann: Ich habe mich kürzlich mit dem Dirigenten Mariss Jansons darüber unterhalten, dass die neuen Geigenstars alle weiblich sind. Sie sehen toll aus, werden kurze Zeit ausgequetscht und sind schon wieder weg. Aber eine Janine Jansen sieht doch nicht nur toll aus, oder? Zimmermann: Janine Jansen musiziert wunderbar. Und als damals Anne-Sophie Mutter von Herbert von Karajan entdeckt wurde, war das ein großes musikalisches Ereignis. Aber es gibt auch Fälle, über die ich mich lieber nicht äußere. "Ich will einmal Weldgeiger werden" schrieben Sie als Sechsjähriger in Ihr Schulheft. Was haben Sie darunter verstanden?Zimmermann: Fasziniert hatte mich eine Schallplatte mit Leonid Kogan, auf der stand "Der Weltgeiger". Ich hab Welt aus Versehen mit d geschrieben. Mir war schon im Alter von vier Jahren klar, dass ich Geige spielen will. Ich bin mit Musik aufgewachsen, mein Vater war ja Cellist an der Deutschen Oper am Rhein, und in unserem Hause wurde viel Musik gehört. Eines Tages diese Musik mit bedeutenden Orchestern zu spielen, war früh ein starkes Bedürfnis. Mit 13 wurden Sie von der Schule befreit. Trotzdem bestreiten Sie, ein Wunderkind gewesen zu sein. Zimmermann: Weil ich wirklich keines war. Anne-Sophie Mutter war mit elf Jahren ein Wunderkind. Aber ich musste mir alles zäh erarbeiten. Und ich habe mit 17 nicht so gut gespielt wie mit 25. Von den großen alten Geigern haben einige erst mit 55 Jahren die Solo-Sonaten von Bach gespielt, weil sie die nötige Reife besitzen wollten. Ich entwickle mich auch heute noch ständig weiter und strebe eine Karriere von 45 Jahren an, wenn die Gesundheit mitspielt. Sie kennen das Konzertritual seit langem. Sind die rituellen Abläufe noch zeitgemäß oder muss sich etwas ändern?Zimmermann: Entscheidend ist nicht, was wir mit den Konzerten tun, sondern wie wir mit unserem musikalischen Erbe umgehen. Kinder sollten in der Schule an die Musik herangeführt werden. Es ist gefährlich, Musikunterricht einzusparen. Wer nicht rechtzeitig mit klassischer Musik in Kontakt kommt, wird nie in Klassik-Konzerte gehen, wenn er zu alt für die Popmusik geworden ist. Einem Johannes Rau konnte man so etwas noch vortragen. Die Jüngeren verstehen einen schon nicht mehr.
Frank Peter Zimmermann
Geboren 27. Februar 1965 in Duisburg
lehrer Valery Gradow, Sascha Gawriloff, Hermann Krebbers.
karriere Seit 1983 Auftritte bei internationalen Festivals mit renommierten Orchestern, zahlreiche Preise
Violine Stradivari von 1711, die einst Fritz Kreisler gehörte, zur Verfügung gestellt von der WestLB