Haim mit neuer CD: Nichts als die Wahrheit

Die Schwestern Este, Alana und Danielle haben schon mit ihren Eltern Musik gemacht. Als Band Haim stürmen die drei Frauen aus Kalifornien jetzt weltweit die Charts.

Düsseldorf. Werbetexte entsprechen nicht immer der vollen Wahrheit. Einiges wird geschönt, anderes verschwiegen. Ein Gebot lautet, möglichst viele populäre Namen mit dem zu bewerbenden Objekt zu verknüpfen. Da kann der Verfasser dankbar sein, wenn es ihm eine Band so einfach macht wie das kalifornische Trio Haim.

Einige Kostproben: Vorband von Florence & The Machine und Mumford & Sons. Auftritte auf dem Glastonbury und dem SouthbySouthwest-Festival. Im Studio mit James Ford (Arctic Monkeys, Simian Mobile Disco) und Ariel Rechtsaid (Vampire Weekend, Usher). Und mit dem Debütalbum „Days are Gone“ haben Haim Justin Timberlake von Platz eins der britischen Charts verdrängt. Namedropping à la Majorlabel Universal — noch Fragen?

Vielleicht, inwieweit das nun der Wahrheit entspricht? Und an welchen Stellen das Skalpell der Werbe-Abteilung nun angesetzt wurde? So viel vorweg: Haim haben sich noch nicht unters Messe gelegt, auch nicht für das Musikgeschäft.

Durch unzählige Hände ist ihr Name derweil dennoch gegangen. Blogs, soziale Netzwerke, Presse — Haim galten nach ihrer ersten EP „Forever“ aus dem Februar 2012 schnell als hoffnungsvolle Nummer für das kommende Jahr. Ein Grund dafür war auch die Spitzenposition der BBC-Liste „Sound of 2013“.

Die wird zwar stets vom abschätzigen Ruf der selbsterfüllenden Prophezeiung verfolgt — ist aber doch ein anerkannter Indikator für größere Erfolge. Vor Haim standen Namen wie 50 Cent und Adele an ihrer Spitze. Sie selbst bezeichnen sich trotzdem nach wie vor bescheiden als „verrückte Mädchen-Gruppe, die durch L.A. rennt“.

Haim sind die drei Schwestern Este, Alana und Danielle, Jahrgang 1986, 1989 und 1991. Schon als Kinder haben sie mit ihren Eltern zusammen in einer Band gespielt. Musikalisch sozialisiert wurden sie von einem Platten-Regal, das so vielfältig wie chaotisch ist: Tom Petty steht neben Fleetwood Mac, neben Aaliyah, Phil Collins und Cyndi Lauper. Und dann werden noch Lana del Rey, Michael Jackson und die Eagles als Einflüsse genannt.

All dies verweben Haim in ihrer Musik zu leichtem Poprock, durch den die Sonne Kaliforniens scheint. Zwar atmet die Musik ab und zu einen Hauch Melancholie, geht aber immer treibend nach vorn und bietet einen Riesenrefrain nach dem anderen. In Deutschland hat „Days are Gone“ es auf Platz 30 der Album-Charts geschafft; im Gegensatz zu den britischen Inseln ist die Euphorie in der breiten Masse hier allerdings eher verhalten. Noch nicht jedem sind Haim ein Begriff.

Das wird sich wohl bald ändern — zu eingängig, zu professionell gemacht ist die Musik auf „Days are Gone“. Live klingt die zwar wesentlich druckvoller, auf Platte dafür aber umso Radio-kompatibler.

Ganz so „wuchtig“, wie das Label verlauten lässt, ist die Produktion dann doch nicht ausgefallen — das bleibt aber die einzige Stelle, an der der Werbe-Texter etwas Botox unter die musikalische Haut spritzt. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen