HipHop- Dendemann: „Ich feile und style Zeile um Zeile“
Dendemann ist als deutscher Rapper schon ein Urgestein – obwohl er Deutsch-Rap nicht besonders mag. Momentan ist er mit Herbert Grönemeyer auf Tour.
Düsseldorf. Er ist gerade mit Grönemeyer auf Tour. Das sagt doch alles. Dendemann ist keiner von den Deutsch-Rappern, die ihre Fans mit fetten Goldketten blenden, mit leicht bekleideten Mädchen von ihren schiefen Paarreimen zu eindimensionalem Bass-Gewummer ablenken und sich für große Gangster halten, weil sie ab und zu mal einen durchziehen.
Dendemann ist ein Mann großer Worte. Dendemann könnte auch gar nicht anders. Denn das Ghettokind nähme dem Jungen aus dem Sauerland keiner ab.
In Menden macht Daniel sein Abi und den Zivildienst - seine große "Schlaffensperiode" nennt er diese Jahre. Schon damals ist abzusehen, wo es hingeht, wenn er mit seinem Kumpel Nico Suave in der Dorfkneipe - Verzeihung: Kleinstadt-Bar - musiziert. Es kommt, wie es kommen muss: Er zieht nach Hamburg. Die Stadt, die Ende der Neunziger deutsche Hiphop-Fans quasi im Alleingang beschallt.
Aber Dende bleibt gemütlich. Perfektionistisch, würde er wohl insistieren. Seine Veröffentlichungen streut er homöopathisch über die folgenden Jahre. Er macht mal was mit Fettes Brot, dann mit Samy Deluxe, mit Ferris MC, Fünf Sterne Deluxe und den Absoluten Beginnern. Als Teil des Hiphop-Duos Eins Zwo produziert er Tracks, die gern gehört werden und andere Bands auf deren Tour unterstützen dürfen.
Großes Durchstarten sieht aber anders aus - auch nach der Trennung der Eins-Zwo-Hälften 2003. Obwohl Dendemann mit "Das SchweigenDilemma" eine Solo-Single und gleich seine erste Platzierung in den Top 100 abliefert, lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Das zugehörige Album verspricht der inzwischen fast 30 Jahre alte Künstler eiserne zwei Jahre lang. Folgenlos. Stattdessen kommt 2006 "Die Pfütze des Eisbergs". Endlich ein Album.
Und eins, das einschlägt. Das Album gibt den Fans, was sie an dem Rapper immer geschätzt, aber nie auf einer LP geballt bekommen haben. Dendemann ist bekannt für seinen Wortwitz. Er ist auch bekannt dafür, Nebensätze, Fremdworte und korrekte Genitive zu rappen. Und er kann trotzdem schnoddrig.
Zudem sind seine Songs stets makellos gemixt und mit hübschen musikalischen Spielereien verziert. Er selbst beschreibt seinen Anspruch so: "Ich möchte unterhaltsame Sachen möglichst neu und gut klingend über moderne, Schlagzeug und Bass nicht außer Acht lassende Musik vortragen. Wenn’s denn geht." Ja, das geht.
Die gemeinsame Tour mit Herbert Grönemeyer ist im Grunde nicht abwegig, trotz des unterschiedlichen Musikstils. Beide lieben Sprache - und haben einen unverwechselbaren Ton am Leib: Wo Grönemeyer seine Textzeilen in die Länge röhrt, surrt sich Dendemanns Stimme in Tiefen, als würde sie durch alle Verzerrungsmechanismen eines guten Mischpults gedreht.
Dendemann ist begeistert - nicht nur, weil man ihn zur Tour eingeladen hat, sondern auch von der Offenheit der Grönemeyer-Fans: "Schütteln und Nicken liegen nah beieinander. Die sind richtig abgegangen - ich hab’s mir schwieriger vorgestellt."
Eine hübsche Gelegenheit, das Live-Album "Abersowasvon live" aufzunehmen, die Fans ein Quäntchen der Live-Eigenheiten ihres Künstlers hören zu lassen. Denn auch wenn Dendemann auf der Bühne nur sich selbst, einen DJ und ein halbes Dutzend verschiedener Mützen hat, sind die Songs ganz anders, in Tempo, Melodie und Beat runderneuert. Da schwitzt einer so richtig für seine "Crowd", wie der Hiphopper sagt.
Mit mehr Power als mancher US-Blingbling-Rapper und auf jeden Fall mit mehr Spielfreude als der Möchtegern-Gangsta-Rap made in Germany. Ein Gemütlicher wie Dendemann lässt sich von dieser Konkurrenz ohnehin nicht stressen. Wie er den deutschen Hiphop sieht? "Hm, ich würd’ sagen, ich kann da nicht gut hinsehen." Selber machen ist auch besser.