Jan Delay: Vom Hip-Hop-Jungen zum Popstar
Mit Hut und Krawatte sang Jan Delay in Düsseldorf.
Düsseldorf. Die Zeiten der Air Max sind vorbei. Statt der breiten Sport-Treter zu Baggy-Jeans und Übergröße-Shirts trägt Jan Delay beim Konzert in der Düsseldorfer Philipshalle Stoffhose, bordeauxrotes Hemd, weiße Krawatte, weißen Hut. „Es wird ein sehr netter Abend, wir sehen uns in zwei Stunden“, verspricht der Hamburger Jung, als er gegen 21 Uhr die Bühne betritt. Er löst sein Versprechen ein.
Wer Jan Delay noch als Teil der „Absoluten Beginner“ kennt, für den wirkt dieser Abend zuvorderst surreal. Eine Halle in der Größe für echte Popstars. Ein Publikum in Karohemden, es wird Bier und Bockwurst serviert. Schließlich geht es auch nicht um Hip-Hop. Nicht mehr. Jan Delay hat sich für die Disko entschieden.
Immerhin eröffnet er seinen Auftritt mit „Türich, Türlich“ im Duett mit dem Bo von „Fünf Sterne Deluxe“, einem alten Hip-Hop-Freund aus Hamburg. Bo alias Mirko Bogojevic hat es wie der Rest von Jan Philipp Eißfeldts alter Clique in der Musik geschafft. Aber überflügelt hat Jan Delay sie alle. Auch indem er sich von der Musik seiner Jugend und den sozialkritischen Inhalten ein Stück weit verabschiedet hat.
Jan Delay würde vermutlich einwenden, er sei ohnehin nie ein Rapper gewesen. Zu Recht. Er war immer ein Musiker. Schon mit den „Beginnern“ coverte er Nena, unternahm danach Ausflüge in den Reggae. Er hat Spaß an den Tönen — neuen wie alten.
So mischt er beim Konzert den „Beginner“-Evergreen „Füchse“ mit Montell Jordans „This is how we do it“, beglückt mit „Hammerhart“ die eingefleischten Fans und mit einer Funk-Version des Backstreet-Boys-Hits „Everybody“ die Popliebhaber.
Und wer ihm vorwerfen will, zu seicht geworden zu sein, dem erwidert er in sei--nem Song „Disko“ unbeschwert: „Und du sagst, dir fehlt der Inhalt in dem Ganzen? Sorry, doch zu deinem Abitur kann ich nicht tanzen!“ Jan Delay will die Welt nicht mehr verbessern, er will sie zum Tanzen bringen.
Seine zwei Stunden — wie versprochen — sind eine große Show mit grellen Lichtern, tollen Sängerinnen, bemerkenswerten Soli der Band Disko Nr. 1.
Ob es Jan Philipp Eißfeldt gefällt oder nicht: Er ist ein Musiker, das hat er gezeigt. Aber er ist jetzt auch so etwas wie ein Popstar. Eine Rolle, die Tücken hat. Mit dem Funk-Album „Mercedes Dance“ brachte Jan Delay etwas völlig Neues. Sein neueres Album „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ setzt diesen Stil fort — zeigt aber auch, wie schnell eine Disko-Nummer der anderen ähnelt. Etwas Neues beschert zunächst Rummel. Und wird dann alt. Erkannt hat das etwa Peter Fox, der sich nach einem gefeierten Solojahr gleich wieder in den Schoß seiner Band begab. Gehen, wenn’s am schönsten ist. Auf welchem Weg Delay dem Fluch der Vergänglichkeit entgehen will, bleibt vorerst sein Geheimnis.