Klassik: Berliner Philharmoniker schockieren Salzburg
Das Star-Orchester begründet ein neues Festival in Baden-Baden.
Salzburg/Baden-Baden. Eine „Riesenblamage für Salzburg“, ein „Vertragsbruch“, das „Ende eines wunderbaren Kapitels Salzburger Kulturgeschichte“ — so klagt man an der Salzach. Die Berliner Philharmoniker ziehen sich nach mehr als 40 Jahren von den Salzburger Osterfestspielen zurück und beginnen 2013 zu Ostern ein neues Festival in Baden-Baden.
„Vor allem bin ich deshalb maßlos enttäuscht, weil der Wechsel von langer Hand vorbereitet worden sein muss“, sagte Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden und sprach von einem „Vertragsbruch“. Landeshauptfrau (Ministerpräsidentin) Gabi Burgstaller vermutet, „dass ökonomische Aspekte die kulturellen Interessen ausgestochen haben“.
Olaf Maninger aus dem Stiftungsvorstand der Philharmoniker sagte: „Wir brauchen für unsere Opern- und Konzertaktivitäten zu Ostern eine langfristig gesicherte Gesamtsituation, die uns das Festspielhaus Baden-Baden bieten kann. Auf dieser Grundlage wollen wir ein kreatives, lebendiges und für das Publikum erschwingliches Opernfestival entstehen lassen.“
Herbert von Karajan hatte das Festival in seiner Heimatstadt Salzburg 1966 als exklusiven Spielort für seine Berliner gegründet. Nur an der Salzach waren sie seitdem als Opernorchester zu erleben.
Sie präsentierten jedes Jahr zwei Aufführungen einer Oper in Starbesetzung sowie ihr aktuelles Konzertschaffen, was diese zehn Tage zu einem der teuersten Klassik-Festivals weltweit machte. Die Stadt und das Land zahlten enorme Subventionen, das Publikum griff ganz tief in die Tasche. Die Karten für Bizets „Carmen“, die 2012 noch stattfinden soll, kosten zwischen 460 und 1230 Euro.
Gerade erst fing das Festival an, sich von dem Finanzskandal 2009/10 zu erholen. Damals flog auf, dass Geschäftsführer Michael Dewitte seit 1998 mehrere Millionen Euro abgezweigt haben soll. Aktuell drängten die Berliner und ihr Chefdirigent Sir Simon Rattle auf vier Opernaufführungen und eine Ausweitung des Kammermusik- und Education-Programms, doch Festival-Intendant Peter Allward sagte, dies sei in der angespannten finanziellen Lage nicht machbar. In Salzburg vermutet man nun verbittert, dass Berlin die prekäre Situation genutzt habe, um den längst geplanten Absprung zu vollziehen und dabei das Gesicht zu wahren.