Knopfler und Dylan in Oberhausen: Das Giganten-Duo polarisiert
Mark Knopfler und Bob Dylan bieten einen „einzigartigen Abend“ in der Arena Oberhausen. Dylan gefällt als jaulendes Rock-Gespenst an der Orgel nicht jedem. Hunderte verlassen frühzeitig das Konzert.
Oberhausen. Tun sie’s oder tun sie’s nicht? Keine Frage: Zum versprochenen „einzigartigen Abend“ gehört das zwingend dazu: Mark Knopfler und Bob Dylan nicht nur in einer Halle und auch auf einer Bühne, sondern in einer Band. In vier Songs wird Knopfler zum Gitarrist in Dylans Gruppe. In „It ain’t me, Babe“ wiegen sie gar beide Gitarren im Rhythmus — bei Dylan die Ausnahme an diesem Abend.
Restlos ausverkauft ist die Arena Oberhausen. Das Ü 40-Publikum ist in freudiger Erwartung. Und Knopfler — mit ihm sind sieben weitere Musiker auf der Bühne — enttäuscht sie nicht. Es sind 75 einschmeichelnde Minuten voller Melodienseligkeit. Viel Folk, weniger Rock. Flöten, Fiddle, Dudelsack — Knopflers poetisches Gitarrenspiel verträgt viele Instrumente.
Große Hits, rare Perlen, aber auch neues, bisher nicht auf deutschen Bühnen live aufgeführtes Material bietet er. Das akustische „Privateering“ kündigt er mit einem aufmunternden „Good luck“ in Richtung Band an. Knopfler ist gut gelaunt. Und das sieht man auch. Mit „Brothers in arms“, dem erhabenen, stillen Dire-Straits-Hit, bringt er die Arena zum Beben, bevor er auf den „Speedway at Nazarath“ einbiegt — rasant, atemlos und ergreifend.
Geht’s eigentlich gegensätzlicher? Wohl kaum. Da der Brite mit der sonoren Stimme, die wie ein knisternder, offener Kamin wärmt. Hier die US-Legende, deren Organ eher die Stabilität vertrockneten Laubs hat, das der Herbststurm ums Haus bläst. Nein, Dylan singt nicht. Er spricht. Er raspelt. Er jault, als wäre er das Rock-Gespenst persönlich. Seine unverwüstlichen Kompositionen bürstet er gegen den Strich, zerlegt sie und setzt sie in Fragmenten wieder zusammen. Wer kein Dylanologe ist, wird Schwierigkeiten haben, Klassiker wie „Leopard-Skin Pill-Box hat“, mit dem er sein Set startet, überhaupt zu erkennen. Dylan verstört — das ist Programm.
Dabei ist Dylan an diesem Abend blendend aufgelegt. In seiner schwarzen Fantasie-Uniform, weißem Hut und Gamaschen steht er geschmeidig an der Orgel oder mit dem Mikro in der Hand, bewegt sich für seine Verhältnisse aufreizend viel. Er scheint Spaß zu haben. Ob er lächelt? Unter der Hutkrempe ist sein Gesicht nicht zu erkennen.
14 Songs in 90 Minuten serviert der „Columbia Recording Artist“. Unterstützt von fünf großartigen Musikern ist es eine wahrlich druckvolle Rock-Show. Zum Beispiel „The Levee’s gonna break“: Scheppernde Gitarren, krachendes Schlagzeug, Dylans treibendes Harmonika-Spiel — das ist euphorisch, das ist frenetisch!
Vor der Zugabe setzen Dylan — völlig losgelöst an der Orgel — und Band mit „All along the watchtower“ ein Glanzstück. Böse Riffs, ein gewagtes Arrangement — ein Sound-Inferno. Der Hit wird zur Furie, die nur Dylan entfesselt und einfängt. „Like a Rolling-Stone“ als Finale — wirklich ein einzigartiger Abend, dessen beeindruckenden Schluss hunderte nicht mehr miterlebt haben. Wer Knopfler liebt, muss Dylan nicht mögen. Und diese verließen das Konzert frühzeitig und in Scharen. Davor ist auch eine Legende nicht geschützt.