Kraftklub-Bassist Till Brummer: „Wir machen nur unser Ding“
Viele halten sie für die erfolgreichste deutsche Rockband des Jahrtausends: Kraftklub. Bassist Till Brummer spricht über Relevanz und das neue Album.
Düsseldorf. Kraftklub aus Chemnitz sind binnen weniger Jahre von unbekannten Jungspunden zu Indierock-Superstars geworden. Das Debütalbum „Mit K“ stand 48 Wochen an der Chart-Spitze. Jetzt folgt „In Schwarz“, um das viel Geheimniskrämerei betrieben wurde. Bassist Till Brummer erklärt warum und gewährt Einblicke in eine Spaßtruppe.
Herr Brummer, Ihr neues Album wurde vorab niemandem, auch keinem Journalisten, zugänglich gemacht. Es gab nur den Titelsong „In Schwarz“ zu hören: Unter großem Medien-Trara stellten Sie ein Video dazu ins Internet, in dem Sie maskiert auftraten und die Leute spekulieren ließen, welche Band da wohl singe. Bitte: Wo hört Witz auf und beginnt kommerzieller Mummenschanz?
Till Brummer: Ich gebe zu: Das war gemein. Aber das war nichts weiter als eine Schnapsidee aus dem Studio. Ehrlich! Wir wollten als Pseudo-Band auftreten und die Leute reinlegen. Wir sind eben seit jeher für jeden Spaß zu haben. Hätte eine Werbeagentur dahinter gesteckt, wäre es wahrscheinlich noch viel gemeiner geworden.
Dennoch: So konsequent unter Verschluss halten ihre Alben normalerweise nur Weltstars.
Brummer: Richtig. Und das finden wir grundsätzlich auch nicht gut. Aber das ist einerseits eben eine Vorgabe des Labels und hat mit der Download-Piraterie im Internet zu tun. Und andererseits hätten uns einige Leute unsere Spaßaktion wohl kaputt gemacht, wenn wir „In Schwarz“ nicht so lange zurückgehalten hätten.
Warum eigentlich „In Schwarz“?
Brummer: Ganz einfach: Der Name klingt toll. Er stand auf einmal zur Debatte. Und uns ist kein anderer eingefallen.
Vier Jahre nach Bandgründung spielen Sie in Hallen vor 15 000 Zuschauern. Sie müssen zugeben: Das ging schnell.
Brummer: Ja. Verdammt schnell. Aber wichtig ist: Wir haben auf dem Weg dahin keine Stufe ausgelassen! Wir haben auch Konzerte gespielt, bei denen nur unsere Eltern und ein Hund vor uns standen. Und um dieses wichtige Gefühl nicht zu verlieren, gehen wir heute noch regelmäßig auf Club-Tour.
Wie rasch haben Sie sich an die neue Größenordnung gewöhnt?
Brummer: Ach, das mussten wir gar nicht. Bei uns in Chemnitz, in unserem Freundeskreis, sind wir immer noch die Typen, die Musik machen. Wir haben jetzt eben nur einen größeren Bus. Außerdem konnte ich endlich meinen Führerschein machen — den hätte ich mir mit dem Gehalt meiner Kellner-Lehre vorher nicht leisten können. Und ich wohne nicht mehr bei meinen Eltern. Aber solche Dinge ergeben sich ja für jeden im Laufe der Jahre.
Viele bezeichnen Sie bereits als eine der erfolgreichsten deutschen Rockbands dieses Jahrtausends. Erfolgreich sind Sie. Aber: Sind sie auch relevant?
Brummer: Nein. Ich denke nicht, dass wir relevant sind. Wir machen nur unser Ding und haben Spaß dabei. Da steckt nicht viel hinter. Wissen Sie: Neulich sprach mich in einer Kneipe eine unbekannte Dame an und fragte mich, ob ich die Band Kraftklub kenne. Ich verneinte und fragte sie, was denn mit denen sei. Daraufhin erzählte sie mir, sie kenne den Bassisten von denen. Der sei ein total arrogantes Arschloch. Wohlgemerkt: Der Bassist, das bin immerhin ich. Also fragte ich sie, woher sie den Bassisten denn kenne. Und sie sagte: durch ihren Freund. Dessen Band habe sich mal mit Kraftklub einen Proberaum geteilt. Ich schwöre: Ich bin ganz nett. Und wir haben uns niemals mit irgendjemandem den Proberaum geteilt. . . Soviel zum Thema Relevanz.
Woraus resultiert die extreme Ironie in Ihren Texten?
Brummer: Die kommt automatisch, wenn man in einer Stadt wie Chemnitz aufwächst. Bei uns gewöhnt man sich an Dinge wie den geliebten Stammclub, der zum siebten Mal umziehen muss — und das nicht etwa, weil einer der Anwohner sich beschwert hätte, sondern weil der Vermieter, der gar nicht in Chemnitz lebt, wegen Ruhestörung geklagt hat. Würde man solchen Absurditäten, die hier an der Tagesordnung sind, mit Ernsthaftigkeit begegnen, würde man ganz schnell unglücklich.
Fühlen Sie sich als Botschafter von Chemnitz?
Brummer: Nein.
Weil das zu politisch klingt?
Brummer: So ist es. Und mit Politik wollen wir nichts zu tun haben. Dann würden wir ernst genommen. Und das wäre das Schlimmste für uns.