Für Sammler: Richard Weize und Bear Family Records

Hambergen (dpa) - Schnöde Best-of-Alben sind nichts für Richard Weize. In seinem Bauernhaus in Hambergen in Niedersachsen arbeitet er mit Leidenschaft und Sorgfalt an aufwendigen Musikeditionen.

Foto: dpa

„Es muss vernünftig sein“, sagt der 69 Jahre alte Chef von Bear Family Records. „Ich arbeite 80 Stunden jede Woche. Das ist mein Leben.“

1975 gründete der gelernte Dekorateur sein Versand-Label, zunächst mit Country. „Johnny Cash hat mich immer begeistert“, sagt Weize. „Er war ein Revolutionär, der sich gegen das Establishment auflehnte. Das habe ich bewundert.“ Nach und nach erweiterte die Firma ihr Repertoire. Heute reicht es vom Rock'n'Roll über Blues und Folk bis zum Schlager. Dabei hat Weize persönlich wenig für Schlager übrig. „Ich habe nie Schlager gehört. Sie haben mich nie interessiert.“ Dennoch seien sie ein wichtiges zeithistorisches Dokument.

Markenzeichen der „Bärenfamilie“ sind die umfassenden Begleithefte. Es sei nicht einfach, gute Autoren für die Booklets zu finden, sagt der 69-Jährige. „Es entstehen richtige kleine Lesebücher mit gut recherchierten Texten“, sagt Wolfgang Rumpf, Musikchef des Nordwestradios. „Gerade brachte Weize 'Calypso Craze' heraus, eine Dokumentation des Calypso-Booms in den USA in den Jahren 1956-57. Ein Schatz an nie gehörten und toll dokumentierten Aufnahmen.“

„Richard Weize ist ein sehr rühriger wie unkonventioneller Labelchef“, meint Wolfgang Rumpf. Auf der Suche nach Masterbändern und Musikern ist Weize viel gereist, vor allem in die USA. „Es braucht alles seine Zeit. Manche Projekte dauern auch vier, fünf Jahre. Früher hat mich das nervös gemacht. Aber seit 20 Jahren arbeite ich an 20 Projekten zur gleichen Zeit.“ Die Projektauswahl ist Chefsache. „Das entscheide ich meistens alleine. Oder jemand setzt mir was in den Kopf.“ Die Platten werden „nicht unbedingt unter kommerziellen Aspekten zusammengestellt. Ich hab' mich um Verkäufe eigentlich nie gekümmert.“ Für seine Arbeit als Produzent heimste er beispielsweise den Preis der Deutschen Schallplattenkritik (2003) und den Echo (2009) ein.

„Hier steht alles, was wir veröffentlicht haben“, sagt Weize und deutet auf dicht bepackte Regalreihen. Er zieht ein paar Sammelboxen heraus und blättert durch die reich bebilderten Booklets. Darunter ist „Günter Neumann mit seinen Insulanern“, ein Berliner Kabarettradio aus der Zeit des Kalten Krieges. „Da war Berlin noch eine Insel. Wir haben das so oft verkauft, dass man das Gefühl hat, jeder Berliner hat da drei Stück von.“

Die Mehrheit der aus ganz Europa und Amerika stammenden Kunden seien Sammler der Generation „50 plus“, sagt Weize. Der Wandel im Musikgeschäft ist aber auch an dem norddeutschen Label nicht spurlos vorüber gegangen. „Heute verkauft sich im Grunde gar nichts richtig. Früher war das einfacher. Den klassischen Sammler gibt es kaum noch.“ Die angebotenen Formate reichen von der Vinyl-Platte bis hin zum mp3. „Vinyl ist ein ganz anderer Schnack“, schwärmt Weize. Dennoch sei der Markt klein und die wieder aufkeimende Beliebtheit der schwarzen Scheiben nur eine „Zeiterscheinung“.

Der aus Bad Gandersheim stammende Labelchef hat niemals selber gesungen oder ein Instrument gespielt. „So'n Döntjes kann ich nicht.“ Seine erste Single kaufte er als Zehnjähriger: „Rock around the clock von Bill Haley.“ Sie lief in der elterlichen Musiktruhe. Heute umfasst sein Privatarchiv rund 30 000 LPs, 100 000 Singles, 10 000 Schellacks, etliche Masterbänder, Zeitschriften, Poster und Fan-Artikel.

Zum 40. Geburtstag des Labels im Jahr 2015 „kommt eine Sonderbox mit Bärenliedern. Die Lieder müssen alle was mit Bär im Titel haben.“ Dafür gehen Musiker wie Götz Alsmann und Ry Cooder ins Tonstudio.