Robert Plant: Ein Megastar hat seinen Spaß

Berlin (dpa) - Robert Plant gilt als Musterbeispiel dafür, dass alternde Rock-Götter nicht automatisch satt und langweilig werden müssen. Auch sein neues Album ist ein Beweis für die fortdauernde Kreativität und Entdeckerlust der einstigen Led-Zeppelin-Röhre.

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„Man darf nie zum Gefangenen seines eigenen Erfolges werden“, sagte Plant (66) der „Süddeutschen Zeitung“ im Interview zu „Lullaby...And The Ceaseless Roar“ (Nonesuch), einer bemerkenswert dynamischen, vielfältigen und wagemutigen Platte. „Ich gebe den Leuten zwar, was sie hören wollen, aber ich mache es ihnen nicht leichter als unbedingt nötig. Ich habe meinen Spaß dabei und fordere sie ein kleines bisschen heraus.“

Also nahm der immer noch wild gelockte, aber längst von blond zu grau verwandelte Brite mit seiner Band The Sensational Space Shifters diesmal kein Country-Roots-Album auf wie das enorm erfolgreich „Raising Sand“ von 2007 (fünf Grammys). Und auch keine psychedelische Folk-Platte mit Coverversionen („Band Of Joy“ von 2010). Sondern ein majestätisches Werk mit eigenen Songs, das harten Rock und Blues, gälische und nahöstliche Folklore, afrikanische Tribal-Rhythmen und balladeske Wärme zusammenbringt.

Fast ein kleines Wunder, dass „Lullaby...“ unter der Last dieses Stil-Mischmaschs nicht kollabiert, aber es funktioniert. Vor allem der Blues - schon bei Led Zeppelin in den 70er Jahren Grundlage eines damals ungehörten Hardrock-Sounds - hat es Plant angetan, und dafür ging er auf Reisen durch den Süden der USA. „Ja, ich habe mich auf die Suche nach den Wurzeln der Musik gemacht, von der ich immer geschwärmt habe und die mich reich und berühmt gemacht hat.“

Auch das passt zu Robert Plant: Anstatt bewährte Blues- und Rocksongs wie „Stairway To Heaven“ oder „Whole Lotta Love“ mit seiner Mega-Band in den großen Stadien dieser Welt aufzuführen (wozu die anderen Led-Zeppelin-Mitglieder ihren Sänger immer wieder ermunterten), drehte er Entdeckerrunden in den US-Südstaaten. Und machte danach ein Album, das deutlich weniger kommerziellen Erfolg abwerfen dürfte.

Denn „Lullaby...“ ist kein kalkuliertes, glattgebügeltes Hörvergnügen für zwischendurch, es hat durchaus seine sperrigen Momente - kein typisches Veteranen-Weltstar-Werk also. Schon den Opener „Little Maggie“ mit dominanten Banjo- und Fiddle-Motiven muss man sich ein wenig erarbeiten - ein Song zum Dreimalhören, bis es Klick macht. „Rainbow“ ist eine subtile, von wuchtigen Trommeln vorangetriebene Midtempo-Hymne mit schönem Chorgesang hinter Plants nach wie vor unnachahmlicher Verführerstimme, aber eben auch kein simpler Hit.

Mit dem fantastischen fünfminütigen Drama „Embrace Another Fall“ nimmt das Album dann so richtig Fahrt auf. Hypnotische Grooves, exotische Klangfarben, Streicher und spukige Keyboard-Sounds vermischen sich, bis der Song in einem rauen, bluesigen Gitarrenriff explodiert, ehe schließlich die ätherischen Vocals von Julie Murphy ihre beruhigende Wirkung tun. Ein meisterhafter Song, der sich hinter einstigen Großtaten von Led Zeppelin nicht verstecken muss. „Up On Hollow Hill“ weiß mit denselben Mitteln zu faszinieren.

Einen starken Eindruck hinterlassen auch das rockige „Turn It Up“ und zärtliche Balladen wie „A Stolen Kiss“ oder „House Of Love“. Kurzum, es bleibt dabei: Was Anfang der 80er Jahre mit den Alben „Pictures At Eleven“ und „The Principle Of Moments“ begann, hat sich zu einer der spannendsten Solo-Karrieren der Rockmusik entwickelt. „Lullaby...And The Ceaseless Roar“ ist ein spätes Highlight, aber - so fit, wie Robert Plant hier wirkt - bestimmt nicht das letzte dieses Mannes.