Lena: Die Sängerin
Berlin (dpa) - Sie hat geschafft, was kaum jemand für möglich hielt. Lena Meyer-Landrut, Abiturientin aus Hannover, holte den Eurovision Song Contest aus der Versenkung und bescherte Deutschland mit „Satellite“ den ersten Sieg seit 28 Jahren.
Lange braune Haare, Rehaugen und auf eine nette Art ein bisschen durchgeknallt: Fans und Medien waren verzückt. Vor gut einem Jahr war Deutschland einig Lena-Land.
Der Tenor: Endlich mal ein Star aus einer Castingshow, der etwas auf dem Kasten hat, privat vielleicht sogar ein Buch liest, und - so ein viel strapaziertes Wort - „authentisch“ ist. Ein Mädchen mit schwarzer Streberbrille, seltsamem Englisch, schlagfertig und mit Lieblingsausdrücken wie „alter Finne“ und „verdammte Axt“. Lena wurde vom Ministerpräsidenten empfangen, saß bei „Wetten, dass..?“ auf der Couch, stürmte die Hitparaden und räumte reihenweise Preise ab.
Doch die Euphorie hielt nicht lang. Die Zweifler meldeten sich. Ist es eine gute Idee, dass Lena noch einmal beim Grand Prix antritt? Ist das, was frisch und originell war, jetzt nicht nur noch eine Masche? Die Sendungen, in denen Lena die Lieder fürs Finale vorstellte, wurden zum Quotenreinfall. Und die Tour? Die Show kam zwar gut an, aber in den Hallen blieben Plätze frei.
Lena hat den Gegenwind gespürt und sicher in dem Jahr nach dem Sieg in Oslo einiges gelernt. Ihre Stimme klingt geschult, sie wirkt gereift. Von einer Masche ist im Interview nichts zu spüren. Lena ist aufmerksam, weder albern noch aufgesetzt. Sie ist reflektiert und sagt zugleich Sachen wie „tierisch“ oder „super“. Am 23. Mai, also neun Tage nach dem ESC-Finale, wird sie 20 Jahre alt.
Würde sie im Rückblick seit dem Sieg etwas anders machen? „Ich wüsste nicht, was.“ Nach der Kritik am Vorentscheid war Lena eine Zeit lang „etwas geknickt“. Doch dann lief es wieder: Das zweite Album „Good News“ schoss in den Charts nach oben.
Lena lebt damit, dass sie eine öffentliche Person geworden ist. Wenn sie privat unterwegs ist, guckt sie genau, wer sie fotografiert und ob Freunde auf dem Bild landen. Jeder Job habe seine Kehrseiten, sagt sie. „Es ist aber kein so krasses Handicap für mich, dass ich sagen würde, das macht mich fertig.“
Über ihr Privatleben gibt sie nach wie vor nichts preis, ähnlich wie ihr Mentor Stefan Raab. Was bekannt ist: Lena trägt ein Lilien-Tattoo am Arm und hatte mal kleine Rollen im Fernsehen. Ein Onkel arbeitet im Kanzleramt. Sie ist Fan von Johnny Depp und Tim Burton. Lena wünscht sich einen Hund und war als Kind so brav, dass sie noch nicht mal einen Kaugummi klauen mochte. So eine hätten wohl viele Mädchen gerne als große Schwester.
In Düsseldorf tritt sie mit dem düster-poppigen „Taken By A Stranger“ an. Der letzte Platz soll es nicht werden. Sie sei schließlich Titelverteidigerin, sagt Lena. Nach dem Finale will sie ein bisschen Urlaub machen. Ob sie bei einem Sieg nochmal für Deutschland singen würde? „Ich glaube nicht.“