Linkin Park: Noch ein bisschen elektronischer

Zurück zur Gitarre? Mitnichten. Linkin Park bleiben dem Weg, den sie mit ihrem letzten Album einschlugen, treu: harte Synthie-Klänge!

Düsseldorf. Linkin Park bleiben sich treu: Sie machen alles anders. Die Band lebt seit einigen Jahren in schierer Angst vor Wiederholungen — auch bei der Planung ihres nun fünften Albums „Living Things“.

Von Anfang an war klar: Alles soll neu klingen. Linkin Park waren immer für frische Ideen zu haben. Mal eine Remix-Platte ihrer ersten Stücke („Reanimation“, 2002), dann eine durchaus angesehene Kollaboration mit US-Rapper Jay-Z („Collision Course“, 2004). Das letzte Album „A Thousand Suns“ (2010) war ihr größtes Experiment: Linkin Park stellten alles auf den Kopf, was sie bisher veröffentlicht hatten.

Es war der Abschied vom Nu Metal. Statt harter Gitarrenriffs gab es derbe Elektrobeats. Musik, die eher an The Prodigy erinnert als an Linkin Park. Es war ein mutiger Schritt. Nicht allen Anhängern gefiel es. Sie mochten die Amerikaner bisher besonders wegen ihrer dröhnenden Gitarren. Und trotzdem: Der Erfolg gibt ihnen Recht. Das Album landete in Deutschland auf Platz eins, hielt sich fast ein Jahr in den Charts. Auch in anderen Ländern kam der neue Stil von Linkin Park gut an, besonders in England, Australien und in ihrer Heimat, den USA.

Natürlich ist es wichtig, sich weiterzuentwickeln. Fast alle großen Bands haben sich schon ausprobiert. Viele stürzten, standen wieder auf und besannen sich lieber auf ihre alten Wurzeln. Ganz anders bei Linkin Park: Sie drängen darauf, etwas anderes zu schaffen und sich jedes Mal von den eigenen Fans zu emanzipieren.

Doch woher kommt dieser Wandlungswahn? Ist es die Angst vor der Zukunft? Oder liegt es an den vielen musikalischen Einflüssen der Bandmitglieder? Linkin Park vereinten schon immer Rock, Rap und Elektro. Es ist ihr Markenzeichen. Dominierten bisher die Gitarren, setzen sich seit zwei Jahren eben die Synthesizer durch.

Fest steht: Linkin Park mögen keine Schubladen. Mit „Hybrid Theory“ (2000) und „Meteora“ (2003) schlugen sie genau zu Beginn des neuen Jahrhunderts in eine Kerbe. Damals feierte der Nu Metal seine größten Erfolge. Bands wie KoRn, Papa Roach oder Limp Bizkit galten als Pioniere dieses neuen Musikstils, der Hardrock mit Hiphop und Techno verband. Doch knapp zehn Jahre später verkaufen die meisten dieser Bands weniger Platten, spielen in kleineren Hallen. Nicht so Linkin Park.

Vielleicht gerade deshalb, weil sie ihrer Linie nicht treu geblieben sind. Und doch ist das neue Album eine kleine Überraschung: Eigentlich sollte „Living Things“ wieder Ähnlichkeiten mit den ersten Platten haben, so zumindest einige Bandmitglieder im Vorfeld. Aber schon nach Veröffentlichung ihrer Single „Burn It Down“, den das ZDF als EM-Berichterstattungs-Hymne auswählte, war schnell klar, dass es anders kommen würde: Aggressive Elektrobeats bestimmen auch die neue Platte.

Wieder mit dabei war Produzenten-Urgestein Rick Rubin (Metallica, Red Hot Chili Peppers). Wie auch für die beiden Vorgänger, saß er gemeinsam mit Sänger Mike Shinoda an den Reglern. Wichtig wird sein, wie die neuen Songs auf der Bühne klingen. Linkin Parks letztes großes Konzert in Deutschland war vor knapp drei Wochen bei „Rock am Ring“: Ihre Show wirkte einstudiert, die Band gab sich unnahbar. Der Klang wirkte fast steril, manche im Publikum sprachen sogar von Playback.

Festivalbesucher, die an den nächsten Tagen Auftritte von Metallica oder den Toten Hosen sehen sollten, hatten das Konzert von Linkin Park schnell wieder vergessen. Dabei ist die Band bekannt dafür, bei Konzerten den Pegel ganz nach oben zu schrauben. Vom neuen Album spielten sie an dem Abend übrigens nur zwei Stücke.

Vielleicht gibt es sie doch, die Angst vor Veränderung?