Mando Diao: Protestmarsch mit Volksmusik

Keine blinde Arbeitswut, vielmehr bestehende Verträge zwangen Mando Diao zum dritten Album in 30 Monaten. Und mehrere Stücke sind durchaus gelungen.

Düsseldorf. Eine Pause wäre sicher mal nicht schlecht. Seit 2002 sind Mando Diao ununterbrochen unterwegs, bis zu 150 Gigs pro Jahr, dazu drei Alben, alle im Tourbus oder während kurzer Verschnaufpausen ersonnen, arrangiert, eingespielt und endproduziert. Das müsste eigentlich an der Substanz zehren - auch wenn die fünf Schweden erst Mitte 20 sind.

"Quatsch, wir sind Workaholics", sagt Björn Dixgård. Müde wirkt er trotzdem, weniger von den Strapazen der vergangenen Festival-Woche. Es ist eine andere Laus, die ihm über die Leber gelaufen ist, das merkt man. Doch erstmal heißt es, die Fassade zu wahren. Bei dem Gespräch geht’s schließlich um PR, nicht um persönliche Befindlichkeiten.

Noch ein Album also, das zweite in zwölf Monaten, das dritte innerhalb von zweieinhalb Jahren. Nur, wo nahmen sie die Zeit her? "Es war um Weihnachten, da hatten wir eine ziemlich lange Pause", sagt Dixgård. Wie sich herausstellt, handelte es sich bei dieser "ziemlich langen Pause" um zwei Wochen, in denen er und Co-Bandleader Gustav Norén ihre Ideen für neues Material aufs Papier brachten.

"Wir hassen es, wenn unsere Songs länger auf Halde liegen", verteidigt Dixgård, dass daraus auch prompt ein neues Album werden musste. Dabei schaut er drein, als würde er etwas runterschlucken, was dringend raus muss. Auch Keyboarder Mats Björke öffnet den Mund. Dann ein kurzer Blick untereinander und schließlich der erste wahre Satz an diesem Tag: "Unser Manager hat leider einen ziemlich unvorteilhaften Vertrag für uns bei der Plattenfirma (EMI) ausgehandelt. "Wir mussten noch ein Album machen."

Die Katze ist aus dem Sack: Verpflichtungen führten zu ihrer erstaunlichen Produktivität. Wie sich herausstellt, ist es zwischen der EMI und Mando Diao hoch hergegangen. Um glimpflich aus dem Vertragsgeflecht herauszukommen, willigte die Band ein, neues Material zu liefern. Klein beigegeben haben sie allerdings nicht. Denn sie nutzten die Endzeitstimmung, um sich musikalisch gehen zu lassen, bewusst auch den einen oder anderen Bolzen zu schießen, nicht zuletzt, um ihrem Noch-Arbeitgeber den Stinkefinger mitten ins Kontor zu strecken.

"Never Seen The Light Of Day", so der Titel des erzwungenen Schnellschusses, ist ein Kuriosum. Weil der Vertrag eine Mindestanzahl an Songs vorsah, wurde eines der Lieder an seiner musikalischen Sollbruchstelle kurzerhand in zwei Tracks unterteilt ("Macadam Cowboy/Train of Fire"). Die beiden letzten Nummern ("One Blood"/"Dalarna") blähte Produzent Björn Olsson zu epischen Endlosschleifen auf, nur um der Vorgabe gerecht zu werden, eine Gesamtspieldauer von mindestens 40 Minuten zu erreichen. Andernfalls hätte die EMI das Album zum reduzierten Ladenpreis anbieten müssen.

Dass bei diesem Versuch, das Gesicht zu wahren, trotzdem ein bemerkenswert eingängiges Album entstanden ist, verdanken sie ihrer Erdverwachsenheit. Und ihrer Vorliebe für Western. Denn "Never Seen The Light Of Day" ist eigentlich ein schweiß- und schmutzbehaftetes Stück Volksmusik geworden.

Keine Angst, Humptata, Schunkeln und Pseudojodeln kennt die schwedische Folklore nicht. Dafür wehmütige Gitarrenmelodien und Violinen-Arkaden in Moll, unter denen Lee Van Cleef oder Clint Eastwood zum Duell fordern könnten.