Mick Jaggers neue Band Superheavy: Eine Handvoll Super-Egos
Weil es solo für ihn immer eher durchwachsen lief, versammelte Mick Jagger für sein Projekt Superheavy echte Schwergewichte um sich.
Düsseldorf. Im rüstigen Alter von 68 Jahren setzen sich die meisten Menschen zur Ruhe. Sie treten in Vereine ein, widmen sich einem Hobby oder lernen die Welt kennen. Nicht so Mick Jagger. Er gründet nochmal eine neue Band.
Der Sänger der Rolling Stones schloss sich mit vier anderen Musikern zum Projekt Superheavy zusammen. In der Vergangenheit hat sich Jagger mit seinen Soloprojekten immer schwer getan. Er versuchte sich vergeblich als Schauspieler und veröffentlichte vier eigene Alben. In Deutschland erreichten sie zwar alle die Top Ten der Charts, aber in anderen Ländern, besonders in seiner Heimat England, waren sie weit davon entfernt.
Ein Mann wie Mick Jagger ist andere Erfolge gewöhnt, allein zu arbeiten war nie sein Ding. Aber mit Keith Richards ging es nicht, ohne schonmal gar nicht. Die beiden sind wie ein altes Ehepaar, das nur noch nebeneinander her lebt. Trotzdem sind sie Kopf und Seele der Rolling Stones. Sie vereint das Talent, geniale Songs komponiert zu haben, die Geschichte schrieben. Nun durchlebt Mick Jagger eine Verjüngungskur. Superheavy funktioniert generationsübergreifend. Er ist dabei der alte Mann.
Der Name ist eine Anspielung auf den Boxchampion Muhammad Ali — die Legende im „Superschwergewicht“. Und auch bei diesem Projekt trafen fünf Schwergewichte der Musikbranche aufeinander: Neben Jagger standen Dave Stewart, Joss Stone, Damian Marley und Allah Rakha Rahman im Studio.
Letzterer ist ein indischer Komponist und verantwortlich für den mehrfach prämierten Soundtrack des Films „Slumdog Millionär“. Für die Musik bekam er neben dem Oscar auch den Golden Globe und zwei Grammys.
Dave Stewart war in den 1980er Jahren der kreative Kopf des britischen Elektroduos Eurythmics. Der Jamaikaner Damian Marley hat Musik im Blut: Er ist der jüngste Sohn von Bob Marley. Wie auch sein Vater widmete er sich dem Reggae, zunächst mit seiner Band The Shepherds, danach als Solokünstler.
Das Wunderkind Joss Stone ist das Küken in der Runde. Die Britin mit der brillanten Stimme sang im Alter von 13 Jahren schon Songs der Soul-Diven Aretha Franklin und Whitney Houston im englischen TV. Mit 16 Jahren veröffentlichte sie ihr erstes Album („The Soul Sessions“, 2003).
Die Besetzung von Superheavy ist international und multikulturell. Einflüsse aus unterschiedlichen Generationen, Kulturen und Genres treffen hier aufeinander. Soul, Rock, Synthiepop, Bollywood-Soundtrack und Reggae werden vereint. Es klingt wie ein großes Experiment.
Das ist es auch. „So etwas kann sich nur ein verrückter Alchemist ausdenken“, sagt Stewart. Besonders reizvoll für Jagger war die Idee, sich den Platz als Sänger mit vier anderen zu teilen. „Normalerweise bin ich es gewohnt, den Hauptpart zu singen“, so der Stones-Frontmann.
Angefangen hat es mit einer Idee von Jagger und Stewart. Sie trafen sich im Studio, probierten rum und suchten sich peu à peu die anderen Mitglieder der Band. Innerhalb von nur wenigen Tagen entstanden die zwölf Songs des Albums. Sie sind eine Supergroup, also eine Band aus verschiedenen Stars. Das Phänomen ist nicht neu. Aber selten war eine Band stilistisch so unterschiedlich besetzt wie Superheavy.
Mit Superbands ist es aber auch immer so eine Sache: Sie blähen sich auf zu einem großen Ballon, der irgendwann am Ego seiner Stars zerplatzt. Bekannte Beispiele aus der jüngsten Zeit sind Velvet Revolver (Ex-Guns-N’-Roses-Mitglieder mit wechselnden Sängern) oder Audioslave (Rage Against The Machine zusammen mit Soundgarden-Sänger Chris Cornell).
Auch für die Mitglieder von Superheavy war die Erfahrung neu, mit anderen Stars der Branche auf Augenhöhe zu arbeiten. „Wir haben uns immer wieder klargemacht, dass zu viel Ego der Musik nur schadet. Es sollten schließlich keine Gegenstände durchs Studio fliegen“, so Jagger. Das Resultat lässt sich hören. Hoffentlich platzt der Ballon nicht so schnell.