Musiker ist ein Knochenjob — Geigen kann krank machen
Mediziner fordern für sie eine bessere Prävention.
Weimar. Geiger mit Schulter- und Halswirbelproblemen, Flötisten mit schmerzenden Ellbogen, schwerhörige Schlagzeuger — Musizieren sieht oft so spielerisch aus und kann doch krank machen. „Profimusiker haben einen Knochen- und Muskeljob, vergleichbar dem eines Leistungssportlers“, sagt der Musikmediziner Egbert Seidel aus Weimar.
Doch während Fußballer regelmäßig zum Gesundheitscheck müssen, kommt die vorbeugende medizinische Betreuung von Musikern zu kurz. Nach einer Untersuchung der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) klagt jeder zweite Orchestermusiker über körperliche Beschwerden. „Es gibt zu wenig Präventionsangebote“, kritisiert DOV-Gesundheitsexperte Willibert Steffens. Und die müssen Musiker zudem meist selbst bezahlen, sagt Mediziner Seidel.
Bereits junge Musiker litten unter gesundheitlichen Problemen. „Sie kümmern sich allerdings oft erst dann darum, wenn sie 40 oder 50 sind.“ Die Situation habe auch mit Defiziten an den Musikhochschulen zu tun: Es gibt nur wenige Gesundheitsangebote für die Studenten — und die wenigen Stellen für Musikermedizin würden teilweise sogar gestrichen.
Seidel leitet das Zentrum für physikalische und rehabilitative Medizin in Weimar, das in einem Modellprojekt das sächsische Landesjugendorchester betreut. So absolviert der Erste Posaunist Friedrich (18) muskelstärkende Übungen mit Ball und Bändern. Nebenan korrigiert Seidel die Haltung junger Streicherinnen.
Eine aktuelle Befragung der DOV unter 2500 Berufsmusikern hat ergeben, dass bei den Instrumentalisten orthopädische Probleme dominieren. An zweiter Stelle rangieren Hörschäden — häufiger Grund für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Beruf. „30 Prozent der Musiker erreichen wegen gesundheitlicher Beschwerden nicht das reguläre Rentenalter“, sagt Steffens. „Orchester benötigen endlich eine eigene medizinische Betreuung.“