Neues Album von "Boy & Bear": Überraschend und berührend

Kommende Woche erscheint das zweite Album des australischen Quintetts Boy & Bear. Mit „Harlequin Dream“ schärfen sie ihr Profil als Indie-Folker wirkungsvoll.

Foto: Luke Kellet

Düsseldorf. Hochsommer in Australien. Bei durchschnittlichen Temperaturen um die 25 Grad genießen Boy & Bear ihre Heimatstadt Sydney. Relaxen, bevor Ende Februar die Tour beginnt. Dave Hosking ist gewohnt ehrlich: „Touren, das kann extrem stressig sein, obwohl wir es lieben.“

Als Sänger und Songwriter der jungen Indie-Folk-Rock-Band übernimmt er die Rolle des Sprechers — und hat allerhand zu sagen. Denn es hat sich viel getan in den vergangenen fünf Jahren, seit Hosking vier Musikerfreunde von der Uni um sich scharte und Boy & Bear gründete.

Damals erlebte die Folk-Musik ein Revival: kurz nach dem Debüt-Erfolg der amerikanischen Band Fleet Foxes und unmittelbar vor dem triumphalen Erstlingswerk des britischen Pendants Mumford & Sons. Boy & Bear beschrieben damals ihren Stil als eine Kombination aus treibendem Folk und Choralharmonien.

Inzwischen hat das Quintett mit seinem Debütalbum „Moonfire“ (2011) beeindruckende Erfolge feiern können. Das Werk stieg bis auf Platz 2 der australischen Charts. Und bei den ARIA Music Awards, der wichtigsten Preisverleihung des Landes, wurden Boy & Bear mit Auszeichnungen überschüttet — unter anderem in den Kategorien „Bestes Album“ und „Beste Band“.

Doch Erfolg hat auch seine Schattenseiten. Während Hosking, Killian Gavin (Gitarre) und die Brüder Tim (Schlagzeug) und Jon Hart (Keyboard, Banjo) Stress, Schlafmangel und das emotionale Auf und Ab des Musikerlebens verkraften und an einer gemeinsamen Zukunft arbeiten, blieb Gründungsmitglied Jake Tarasenko (Bass) auf der Strecke. In Absprache mit den Freunden stieg er aus und machte Platz für Dave Symes — laut Hosking „gut für Tarasenko und gut für die Band“, die nahtlos weitermachte.

Die Erfahrung der vergangenen Jahre zahlt sich in noch konzentrierterer Arbeit aus. „Man befindet sich ja eigentlich permanent in einem Lernprozess und versucht, an seiner Live-Performance und seinen Fähigkeiten im Studio zu feilen und auch die Herangehensweise ans Songschreiben zu verändern. Man darf sich nicht zu sehr ablenken und verwirren lassen, sondern muss seinem Instinkt folgen und auf dem Gelernten aufbauen“, so Hosking. „Von Zeit zu Zeit sollte man außerdem den Mut haben, mit alten Gewohnheiten zu brechen.“

Letzteres äußert sich auf dem kommenden Freitag bei uns erscheinenden Zweitwerk „Harlequin Dream“ (Chart-Position 1 in Australien) im Mut zu mehr Pop-Appeal. Denn obwohl sich Boy & Bear nach wie vor im Folk ansiedeln, weisen Stücke wie der Titeltrack, „Old Town Blues“ oder „Southern Sun“ klare Elemente der Popmusik auf.

Hosking erklärt den subtilen Wandel seiner Band mit der reduzierteren Art seines Songwritings. „Southern Sun“ basiert zum Beispiel auf nur zwei Akkorden; Feinheiten im Arrangement sind es, die den Song tragen. Darum geht es Boy & Bear auf ihrem zweiten Album: Effektivität bei größtmöglicher Einfachheit, wirkungsvolle Musik, die den Hörer unterhält, überrascht, emotional berührt.

All das in einem Genre, von dem Hosking behauptet, der Höhenflug sei vorbei: „Die Folk-Bewegung ist definitiv auf dem absteigenden Ast.“ Für seine Band konkretisiert er: „Wir haben von Beginn an versucht, gewissen Modetrends aus dem Weg zu gehen und etwas zu erschaffen, das sich über solche Phänomene hinwegsetzt. Ich denke, mit diesem Album und den neuen Stücken ist uns das bereits sehr gut gelungen.“

Recht hat er. Und bald ist auch der Sommer vorbei — zumindest in Australien. Dann starten Boy & Bear endlich ihre Tour, die sie auch nach Deutschland führt — zum Beispiel am 7. März nach Köln (Gebäude 9).