Offenbachs „La Belle Hélène“ lief in Hamburg vom Stapel

Hamburg (dpa) - Das Signal war unüberhörbar: Statt des üblichen Klingeltons zum Beginn des Abends dröhnte lautstarkes Schiffs-Getute durchs Hamburger Opernhaus.

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Mit seiner blendend weißen Außenfassade hatte am Dammtor der imposante griechische Kreuzfahrt-Riese „Jupiter Stator“ festgemacht, an dessen Deck kurz vorm Auslaufen gerade noch eine gefährlich schwankende Adonis-Statue gehievt wird. Welcome on board.

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Der Cruiser mit dem stolzen Götternamen war die Bühne für Offenbachs satire-scharfen Ehe-Thriller um Griechenlands berühmtestes Mythen-Paar, den Trojaner-Prinzen Paris und Spartas Schöne Helena. Man weiß es: Deren Flucht per Schiff hatte schließlich den Trojanischen Krieg ausgelöst. Für Offenbach und seine Textdichter Meilhac/Halévy jedenfalls Grund genug, gleich die ganze hohlköpfige griechische Helden-Society mit umwerfend funkelndem Wort- und Melodienwitz dem Hohn und Spott preiszugeben.

Und da wirbelten sie denn alle durcheinander an Bord des Luxusliners „Jupiter Stator“ - im schrillen Outfit der Sechziger, so wie das franko-kanadische Regie-Duo Renaud Doucet/André Barbe es sich für seine Hamburger Neuschau ersonnen hatte. Wasserstoffblond und lasziv wie die Monroe tänzelte nicht nur die Schöne Helena über die Bühne, auch ihre Entourage mit Schlappschwanz Menelaos, Großkotz Agamemnon und Playboy Orest an der Spitze rockte in passgenauer Parodie um den Pool.

An Tempo, saftiger Karikatur und Lustigkeit fehlte es jedenfalls nicht in diesem quietschbunt und revueartig aufgezogenen Pop-Bilderbogen, der auch weitgehend frei blieb von zwanghaft platten aktuellen Bezügen. Nur Angela Merkel durfte gramgebeugt übers Deck schlurfen, um eine Schiebkarre voller Euros via Athen zu expedieren. Eine neue olympische Disziplin.

Eine Überraschung war auch die frische Sicht auf Offenbachs geniale Musik, mit der sich der junge, von der Wiener Volksoper kommende Gerrit Priessnitz am Pult der Philharmoniker vorteilhaft empfahl. Bei ihm begriff man schnell, warum Offenbach einst als „Mozart der Champs Elysées“ gefeiert wurde. So suchte er immer wieder auch die zarten, feingliedrigen Wirkungen der Pariser Partitur hervorzukehren, ehe er schmissig, doch nie mit nur brutalem Sound in die Vollen ging.

Seine raffinierten Tempo-Rückungen fanden beim Orchester, vor allem aber bei dem amerikanischen Mezzo-Star Jennifer Larmore als Schöner Helena fantastischen Widerhall. Sie krönte diese Seefahrt jedenfalls mit hell und voluminös aufflammender Stimme und köstlicher Selbstironie. Als Paris beeindruckte der Koreaner Jun-Sang Han mit kraft- und gefühlvollem Tenor. Der Premierenjubel galt aber gleichermaßen allen Mitwirkenden, nicht zuletzt dem komödiantisch ausgelassenen Chor.