Pink lässt die Puppen tanzen
Die US-Sängerin verwandelt den Düsseldorfer ISS-Dome in eine Zirkusmanege – in der sie zeigt, warum sie so erfolgreich ist.
Düsseldorf. Mit den ersten Schlagzeugtönen öffnet sich am Ende des weit in die Zuschauermenge hineinragenden Laufstegs der Bühnenboden und vor den Augen des Düsseldorfer Publikums steigt Pink in die Luft empor.
Wie vor Ehrfurcht erstarrt wirken die Fans im Rather Dome, als die platinblonde US-Sängerin mit ihrer rauchigen Stimme die ersten Töne zu "Bad Influence" anschlägt.
Mit schrillem Federboa-Mantel in Zirkus-Direktor-Optik, roten Glanzleggins und unfassbar hohen Pumps begrüßt sie die 12 500 Fans am Samstagabend in ihrer Manege.
Die Zuschauer finden sich in Pinks ganz persönlichem "Funhouse" wieder: Schwarz-weiße Harlekins springen auf der Bühne herum, Artisten schlagen Salti oder hüpfen über Rutschen, und zwei gruselige aufblasbare Riesen-Clowns wackeln im Bühnenhintergrund.
Erst als Pink ihren zweiten Song "Just Like A Pill" singt, scheint die ausverkaufte Dome-Halle zu begreifen, was geschieht. Und Pink weiß ihre Fans in einen nahezu extatischen Zustand zu versetzen. In ihrem hautengen Outfit krabbelt sie auf dem Bühnenboden und gönnt sich ein Bad in der Menge.
Wie ausgewechselt scheint die eigentlich doch so burschikose Sängerin, als sie sich bei "I Touch Myself" in durchsichtigen, schwarzen Spitzenleggins auf einem roten Sofa räkelt. Durch Löcher im Sofa greifen unzählige Männerhände, mit denen Pink lasziv spielt. Nicht nur die in der Menge stehenden Väter, die ihre Töchter zum Konzert begleiten, machen da große Augen.
Stellvertretend für ihren Ex-Gatten Carey Hart wird beim Song "So What" ein athletischer Tänzer mit Kissen vermöbelt, bis die Federn fliegen. Bei dem Spaß stört es auch keinen, dass sich Pink mittlerweile wieder mit Hart versöhnt hat. Es ist eben schon eine ganze Weile her, seit sie das nach ihrem fünften Album "Funhouse" benannte Tournee-Spektakel konzipiert hat. Damals befand sie sich noch mitten in der Scheidung.
Wie herrlich bodenständig der Weltstar sein kann, zeigt Pink bei ihrer Akustikversion von "Dear Mr. President", ein an Ex-US-Präsident Bush adressierter Friedensappell - mögen auch die mitgelieferten Bilder von Bush überholt erscheinen.
Pink sitzt mit weißem Unterhemd und Jeans am Ende des Bühnenlaufstegs auf einem Barhocker, plaudert zwischen den Songs über ihr Essen am Vorabend (zwei Kürbis-Käse-Kuchen), ihre abendliche Lieblingsbeschäftigung nach dem Essen ("Ich reibe mir dann vorm Spiegel meinen Bauch) und bedankt sich für die besonders kreativen Fan-Geschenke mit Küsschen (Ein Buch über die besten Käse-Kuchen der Welt).
Und gerade, wenn die Zuschauer der festen Überzeugung sind, Pinks Show ließe sich nicht mehr steigern, verwandelt sich die Bühne noch einmal: Zu ihrem Hit "Sober" schwingen zwei ihrer Tänzer am Trapez unter der Dome-Decke im Takt der Musik, während Pink in einen schwarzen Umhang gehüllt mit der Zirkus-Kulisse verschmilzt. Mit "Stupid Girl" karikiert sie ihre auf putzig getrimmten Konkurrentinnen Britney Spears und Christina Aguilera, mit dem Queen-Cover "Bohemian Rhapsody" gibt sie einen achtbaren Freddie Mercury.
Kurz bevor Pink nach etwa 100-minütiger Bühnenshow zum Finale ansetzt, hoffen die Fans bei "Get The Party Started", Pink würde ihren Worten Taten folgen lassen und noch einmal 100 Minuten dranhängen. Von Energieverlust ist bei der Sängerin auch nichts zu merken, als sie sich bei ihrem letzten Song selbst in die Luft schwingt und sich im pinken Konfetti-Regen in Höchstgeschwindigkeit um die eigene Achse dreht.
Die Fans lässt sie mit dem Gefühl zurück, dass sie einen unvergesslichen Abend verbracht haben - Irgendetwas zwischen Karneval, Zirkus, Kabarett und einem fantastischen Konzert.