Deutschland-Premiere Publikum feiert Musical „Billy Elliot“ in Hamburg

Hamburg (dpa) - „Sei Dir immer treu“ - bittet Billy Elliots Mutter ihren kleinen Sohn kurz vor ihrem Tod in einem zu Tränen rührenden Brief. So kämpft der kleine Junge in einer armen britischen Bergbaustadt während der Minenarbeiter-Streiks 1984 für seinen großen Traum: Er möchte Balletttänzer werden.

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Die Geschichte „Billy Elliot“ begeisterte schon als Film Millionen Menschen und schaffte es 2005 auf die Musical-Bühne. Zwölf Jahre später ist diese Version auch in Deutschland zu sehen - allerdings nur als Gastspiel für vier Wochen. Die knapp 2000 Premieren-Zuschauer im Hamburger Mehr!-Theater feierten die Produktion am Donnerstagabend. Bereits zwischendurch gab es für einige Tanzszenen Jubel und Ovationen.

Bevor es an die Ballettstange geht, steht Billy (Emile Gooding) aber erst einmal im Boxring. Jede Woche kratzt seine Familie das Geld für den Unterricht zusammen, auch wenn der Junge dabei wenig Spaß hat. Das Publikum lacht, wie er sich beim Boxen abmüht - und seine Bewegungen zum Entsetzen seines Lehrers eher einem Tanz gleichen. Durch Zufall landet Billy wenig später in der Ballettstunde von Mrs Wilkinson (Anna-Jane Casey) und will von nun an nur noch tanzen. Trainieren muss er heimlich, denn ein Junge beim Ballett - davon hält sein Vater, ein einfacher Minenarbeiter, gar nichts.

Bis in die kleinsten Rollen ist die Produktion toll besetzt. Vor allem die Kinderdarsteller Emile Gooding und Samuel Torpey, der Billys Freund Michael spielt, begeistern das Publikum. Vier Jungen zwischen 12 und 14 Jahren spielen abwechselnd die Billy-Rolle, insgesamt sind 23 Kinderdarsteller Teil der Produktion. „Es ist unglaublich bewegend zu erleben, was ein Kind auf der Bühne leisten kann“, sagt Stephen Daldry, Regisseur des Films und des Musicals, der auch zur Premiere in die Hansestadt gekommen ist.

Das Stück schafft den ständigen Wechsel zwischen rührenden Momenten und Komik problemlos. Mit ein paar schnellen Handgriffen verändert sich das Bühnenbild, die Szenen fließen ineinander über. Das schafft große Dynamik: Während Billy in der Ballettstunde noch die Bewegungen der Mädchen nachahmt, stehen sich links und rechts der Bühne bereits Polizisten und Bergarbeiter beim Streik gegenüber.

Es war Elton John, der die Idee hatte, aus dem Kinostreifen ein Musical zu machen, und der die Musik schrieb. Die Liedtexte und das Buch verfasste Lee Hall, der schon für das Drehbuch des oscar-nominierten Films verantwortlich war. Zu sehen ist dabei nicht nur Ballett, denn Peter Darling bringt bei seinen Choreographien auch Tap-Dance, Jazz und Hiphop auf die Bühne.

Weltweit sahen das preisgekrönte Musical schon rund elf Millionen Menschen. Viele Jahre scheiterten Versuche, ganzjährig eine deutsche Fassung zu zeigen. Nach Angaben von Mehr!-Entertainment war es wegen des Kinder- und Jugendarbeitsschutzgesetzes zu schwierig. Man hätte zu viele herausragende Kinderdarsteller gebraucht. Deshalb entschied man sich, die Originalproduktion als Gastspiel einzuladen.

Um keine Kopie zu schaffen, gibt es bewusst einige Unterschiede zwischen Musical und Film. Dabei ist eine großartige Variante der Szene entstanden, in der Billys Vater an Weihnachten seinen heimlich trainierenden Sohn entdeckt. Der Junge tanzt parallel zu seinem älteren Ich (Luke Cinque-White) und fliegt dabei an einem Seil über die Bühne. Der Vater versteht nun, was Billy das Tanzen bedeutet, und wird zum Streikbrecher, um die Fahrt zum Vortanzen in der Royal Ballet School in London zu finanzieren. „Wie fühlt es sich an, wenn Du tanzt?“, will man dort von dem Jungen wissen. „Als wenn ein Feuer in mir brennt“, antwortet Billy und schafft mit einer fulminanten Tanzeinlage die Aufnahme an die Schule.