Schöne Stimmen: Dear Reader und Maia Vidal
Berlin (dpa) - Die eine stammt aus Südafrika und lebt seit Jahren in Berlin. Die andere wurde in den USA geboren und pendelt derzeit zwischen Paris und Barcelona. Schon ihre Biografie weist Cherilyn MacNeil und Maia Vidal als Künstlerinnen mit Mut zum Unbekannten aus.
MacNeil macht unter dem Projektnamen Dear Reader mit wechselnden Musikern eine Art Elfen-Pop ohne Berührungsängste zu schwierigen Themen. War ihr zweites Album „Idealistic Animals“ vor zwei Jahren noch Selbstzweifeln, Depressionen und religiösen Fragen gewidmet, so ist der Nachfolger „Rivonia“ (City Slang) quasi eine Rückkehr ins tägliche Leben. „I'm coming back from the dead“, schmettert die Sängerin auf einem der neuen Songs. Daneben ist das Album ein so politisches, wie man es von Dear Reader (trotz manch kritischer Südafrika-Würdigung auf dem Debüt von 2009) bisher noch nicht kannte.
„Rivonia“ wurde benannt nach dem Viertel von Johannesburg, in dem Cherilyn MacNeil aufwuchs - das aber auch den „Rivonia“- Schauprozessen gegen Nelson Mandela und seine Mitstreiter in den 60er Jahren ihren Namen gab. Mit solchen historischen Hintergründen befassen sich einzelne Texte dieser nachdenklichen Platte. Dazu werden die für Dear Reader typischen prächtigen Folkpop-Melodien geboten, aber auch mal Andeutungen eines aufgekratzten Township-Jive („Man Of The Book“). Für die bombastischen Drums ist Earl Harvin zuständig, der zeitweise in Berlin lebende Schlagzeuger der Tindersticks.
Jubilierende Bläsersätze sind eine weitere Neuigkeit in MacNeils Sound. Zusammen mit den aufwendig geschichteten Chorgesängen (am schönsten im Closer „Victory“ als A-capella-Sahnehäubchen) geben sie manchen Liedern eine musicalhafte Stimmung. MacNeil, die nach dem Karrierestart vor drei Jahren in die direkte Nähe ihres Labels nach Berlin-Neukölln zog, singt schöner denn je und lässt dazu das Klavier perlen. Drei Alben und nicht ein schwacher Song darauf - diese Bilanz kann sich sehen lassen.
Einen ähnlich hohen Niedlichkeitsfaktor wie bei Cherilyn MacNeil hat auch die mädchenhafte Stimme von Maia Vidal auf ihrem zweiten Album „Spaces“ (Crammed Discs/Indigo). Und eine bezaubernde Musical-Stimmung haftet auch ihren Liedern an, etwa im Opener „Space“ mit keckernden Chor-Vocals und einem großorchestralen Arrangement. Auch in den knapp 40 Minuten nach diesem eindrucksvollen Auftakt klimpert und klingelt es aus allen Ecken des gut genutzten Klangraums, exotische Instrumente wie Xylofon, Harfe oder Theremin ergänzen die Basisbesetzung mit Kontrabass und Holzbläsern.
Hauptdarstellerin dieser in Barcelona und Paris produzierten Indiepop-Operette ist aber selbstverständlich voll und ganz Vidal, die ihre schöne Stimme voller Anmut und Selbstbewusstsein durch die elf Songs von „Spaces“ gleiten lässt. Dass die junge Dame in den USA einst bei einem Girl-Punk-Trio namens Kiev gesungen haben soll, mag man angesichts dieser lieblichen Performance kaum glauben. Nachdem ihr Debüt „God Is A Bike“ (2011) mit Akkordeon-Walzern und chansonesken Zirkusliedern noch eher frankophil daherkam, ist Maia Vidal jedenfalls nun unterwegs in Richtung eines ambitioniert-vielschichtigen internationalen Indiepops.
Konzerte Dear Reader: 08.05 - Hannover, Musikzentrum 09.05 - Magdeburg, Moritzhof 10.05 - Dresden, Scheune 11.05 - Linz, Posthof 13.05 - Stuttgart, Schocken 14.05 - Zürich, Rote Fabrik 15.05 - Basel, Kuppel 16.05 - München, Atomic Cafe 17.05 - Leipzig, Nato 18.05 - Würzburg, Cairo 19.05 - Saarbrücken, Garage 21.05 - Freiburg, Schmitz Katze 22.05 - Belfort, La Poudriere 23.05 - Paris, Le Nouveau Casino 24.05 - Köln, Gebäude 9 26.05 - Münster, Gleis 22 27.05 - Hamburg, Uebel & Gefährlich 28.05 - Berlin, Lido