Spanischer Dirigent Frühbeck de Burgos gestorben
Pamplona/Dresden (dpa) - Er galt als Dirigent alter Schule, übertraf aber viele jüngere Kollegen an Vitalität. Rafael Frühbeck de Burgos lehnte Starrummel ab und wollte immer nur ein „guter Profi und Kapellmeister sein“.
So hat er es einmal in einem Interview kurz vor seinem 75. Geburtstag ausgedrückt. Erst vor wenigen Tagen gab der schwer erkrankte Dirigent seinen Rückzug aus der Musikwelt bekannt. Am Mittwoch ist der Spanier mit deutschen Wurzeln im Alter von 80 Jahren in Pamplona gestorben. Obwohl seine Erkrankung seit langem bekannt war, mochte keiner an ein schnelles Ende glauben. Ein Mann wie Burgos schien mit jedem Takt aufzuleben. Nun wird ein Requiem für den Maestro gespielt.
Der Dresdner Fotograf Frank Höhler hat Frühbeck bei vielen Reisen begleitet und auch jenseits der Bühne beobachten können. „Er ist in der Musik aufgegangen“, sagt Höhler. Vor allem im spanischsprachigen Raum sei der Maestro zu Hochform aufgelaufen: „Dann nahm sein Gesicht eine Verklärtheit an. Das hat mich immer beeindruckt.“ Höhler hat ihn als bodenständig erlebt. Nur bei seinen legendären Hawaii-Hemden, die der Dirigent bei den Proben trug, sei er stur geblieben. Als Höhler einmal über den Intendanten der Dresdner Philharmonie eine Änderung der Kleiderordnung anregte, erhielt er eine Abfuhr: „Bevor ich das Hemd wechsle, wechseln sie den Fotografen“, habe Frühbeck gekontert.
Frühbeck stammte aus Burgos, die Stadt nahm er später in seinen Namen auf. „Als ich 6 oder 7 war, wollte ich Musik machen. Da haben mir meine Eltern eine Geige gekauft“, beschrieb er die Anfänge seiner Karriere. Die „Meistersinger“-Ouvertüre bei einem Konzert in Burgos wurde für den Knaben zum Evidenzerlebnis. Vielleicht hat sogar dieser Eindruck den späteren Lebensweg entschieden. An den Konservatorien in Bilbao und Madrid studierte er Violine, Klavier und Komposition. In München folgte später noch ein Dirigentenstudium - Frühbeck schloss mit summa cum laude und dem Richard-Strauss-Preis ab. Das Rüstzeug für eine Karriere war gelegt.
Selten hat ein Musiker so viele Stationen erlebt. Der Wechsel lässt sich aber nicht mit Rastlosigkeit erklären. Kollegen beschreiben ihn als reiselustig. 1958 wurde er zunächst Chef des Sinfonieorchesters in Bilbao. Es folgten die Pulte beim spanischen Nationalorchester, in Düsseldorf, Montreal, Washington, Tokio, bei den Wiener Sinfonikern und Berlin. Von 2004 bis 2011 war er Chef der Dresdner Philharmonie. Und auch da war für den damals 78-Jährigen nicht an ein Aufhören zu denken. Er ging zum Dänischen Nationalorchester. „Es gibt noch viel zu viel Musik, die ich gern machen würde. Da reichen zwei oder drei Leben nicht aus“, war ein Leitspruch des Künstlers.
„Wir verneigen uns vor seiner bis vor kurzem nicht erlahmenden Künstlerschaft und bewahren ihm ein ehrendes Andenken“, sagte Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper in Berlin, dessen GMD Frühbeck de Burgos zwischen 1992 und 1997 war. Frühbeck de Burgos Lieblingswerk seien die „Meistersinger“ gewesen, die er zusammen mit Götz Friedrich in seiner ersten Spielzeit herausbrachte. Das Stück ist noch heute im Repertoire. „Die Wiener Symphoniker verlieren in ihm einen ihrer herausragenden Dirigenten, der auch nach seiner Zeit als Chefdirigent immer wieder für musikalische Höhepunkte am Pult dieses Orchesters sorgte“, betonte Geschäftsführer Johannes Neubert.
Dass de Burgos fast alles auswendig dirigierte, hat ihm Bewunderung eingebracht. Sein Repertoire vom Barock bis zur Moderne umfasste mehr als 600 Werke. Am liebsten dirigierte er aber die Romantiker und große Besetzungen. „Er weiß genau, was er musikalisch will. Und dennoch lässt er das Orchester spielen und dirigiert nicht vordergründig“, lobte die Dresdner Konzertmeisterin Heike Janicke einst ihren Chef. Er lasse eben lieber die Musik sprechen. Bis zuletzt blieb das so.