Sportfreunde Stiller: Älter, aber nicht erwachsen

Frankfurt/Main (dpa) — Sechs Jahre sind im schnelllebigen Musikgeschäft nicht nur eine Ewigkeit, sondern auch ein Risiko. Wer so lange nichts Neues von sich hören lässt, der läuft Gefahr, bei der Rückkehr kein Gehör mehr zu finden.

Die Sportfreunde Stiller haben diese Gefahr souverän gemeistert. Ihr neues Studioalbum „New York, Rio, Rosenheim“, Nachfolger des 2007 erschienenen „La Bum“, erntet auf Anhieb begeisterte Reaktionen bei den Fans. Die am Freitagabend zeitgleich zur Veröffentlichung gestartete Tournee ist schon im Vorfeld ausverkauft, das Auftaktkonzert im Capitol Offenbach geriet zum fröhlichen Triumph.

Genau einen halben Song dauerte es, bis alle Beteiligten erleichtert aufatmen konnten: Es funkt noch zwischen Band und Fans. Knapp zwei Stunden lang herrschte beste Stimmung zwischen den drei Herren aus München und den rund 1800 Konzertgängern in Offenbach. Das Trio hat für die Rückkehr aus der Versenkung, in der es mit diversen Nebenprojekten durchaus weiter aktiv war, für seine Verhältnisse kleine Konzerthallen gebucht, auch kam es diesmal ohne zusätzliche Livemusiker aus. Früher war das anders: Auf der letzten Tour zu ihrem „Unplugged“-Nummer Eins-Album traten sie 2010 in Frankfurt zum Beispiel in der etwa fünf Mal so großen Festhalle auf.

Zum „Phänomen“ Sportfreunde Stiller gehört es, dass ihre Musik in intimer Wohnzimmeratmosphäre ebenso wie in großen Arenen und Stadien funktioniert. Überraschend ist auch, dass sie zwar nicht so viel Substanzielles zu sagen haben, aber dennoch so ziemlich jeden ansprechen. Das Geheimnis der Sportfreunde ist die „Du-Perspektive“. Ein beachtlicher Anteil der Texte, die zwischen Banalität und Weisheit balancieren, ist in der zweiten Person geschrieben. Der Auftaktsong „Hymne auf Dich“ mit der Zeile „Du bist Du und ich bin ich“ ist programmatisch. Der rege Gebrauch von Wörtern wie „freundlich“, „Vertrauen“, „Mut“ oder „schön“ schafft einfach ein gutes Gefühl, dem man sich schwer entziehen kann.

Musikalisch geht es bei den Indie-Rockern meist einfach, manchmal brachial und ab und zu sanft zu. Die „Sporties“, wie ihre altersmäßig breit gefächerte Fangemeinde sie liebevoll nennt, schaffen es, gleich doppelt Stimmung zu erzeugen: die Feier-, Mitgröl-, Fangesänge-Stimmung ebenso wie Stimmung im Sinne von Gefühl und Atmosphäre.

In aktuellen Interviews thematisieren die drei Musiker, dass sie mit Mitte 40 logischerweise älter und damit erwachsener geworden seien. Die Sprüche der Spaßvögel zwischen den Songs wurden beim Konzert zwar in der Tat etwas sparsamer dosiert. Im Grunde war aber alles beim sympathischen Alten: Sänger Peter Brugger sagte Sätze wie „Guten Abend, liebes Offenbach“, „Wie hoch wohl der Hesse springen kann?“ oder „Ich habe eine neue Gitarre — man wird ja wohl mal mit seinem Teil angeben können“; Schlagzeuger Florian Weber machte Hardrock-Posen; Bassist Rüdiger Linhof zog seine Chucks-Turnschuhe aus und absolvierte das Konzert auf Strümpfen.

Die „Sporties“ sind zwar älter geworden, erwachsen aber sicher nicht. Das Trio wirkt so wie seine Musik klingt: in Nuancen weiterentwickelt, im Grunde eigentlich noch wie früher.