The Five Ghosts: Ein Album wie eine Schatztruhe
Mit ihrem fünften Album „The Five Ghosts“ setzt die kanadische Band Stars auf ihre bewährte Mischung aus Dramatik und Wohlklang.
Zehn Jahre Stars, zehn Jahre Traum- und Tanz-Pop. Mit Album Nummer fünf liefert das Quintett elf neue Songs voller Emotionen. Musik, die berührt, auch mit ihren Geschichten.
Denn textlich setzt sich die Band aus Kanada, die hierzulande immer noch als Geheimtipp gehandelt wird, vom kommerziellen Durchschnitt ab. Statt eitel Sonnenschein herrscht in ihren Liedern eher die Schattenseite vor - ehrlich und ungeschönt.
Nicht zuletzt genau das macht die Band so wirkungsvoll. Die Stars glauben an die Liebe - und sie suchen danach. Sie leiden, grübeln und kämpfen, gewinnen und verlieren. Frontsänger und Songschreiber Torquil Campbell sorgt maßgeblich dafür, dass die Musik der Stars pure Poesie ausstrahlt.
Er beschreibt das Leben auf der Schwelle, Situationen zwischen Schwarz und Weiß. Darin spielen mal Sehnsüchte, mal Charaktereigenschaften eine Rolle - Menschlichkeiten, die jeder kennt und die dadurch so verbindend wirken. Aufmerksamkeit und Sympathie erzeugen die Songs aber auch durch Kontraste, die auf wunderbare Weise die Wahrheit aufdecken, eingehüllt in herrliche Melodien.
Schon auf dem Debüt "Nightsongs" von 2001, als Campbell noch Hauptsänger war, setzte die Band auf freundliche Provokation. In Songs wie "The Very Thing" besang er existenzielle Fragen, die in jedem Kopf schon einmal herumgegeistert sind: Beispielsweise den Zweifel, ob der Mensch, mit dem man zusammenlebt, der Richtige ist.
Der Text reflektierte Enttäuschungen, die sich in einer Beziehung erst nach einiger Zeit offenbaren. Tragisch auch das Fazit, das Gitarristin Amy Millan am Ende des Songs zog: "Du entfernst dich von deinem einzigen besten Freund. Wer wird dich lieben, wenn du am Ende bist?"
So bitter wie die Texte der Stars ist auch ihre Musik. Einst fast nur elektronisch orientiert, entwickelt sich ihr Stil stets weiter. Im Einklang mit akustischen Instrumenten schmücken synthetische Sounds auch 2004 ihr Durchbruch-Album: Mit einer Kaskade an Indie-Hits erreicht "Set Yourself On Fire" in Kanada Goldstatus und offenbart das ganze Potenzial der Stars.
Bleiern schwere und gleichzeitig zuckersüße Ohrwürmer wie "Your Ex-Lover Is Dead" oder "Ageless Beauty" umgarnen mit süffigen Melodien, während Ungetüme wie "He Lied About Death" ihr Zuviel an Schönheit mit regelrechten Gitarrenwalzen einebnen.
Ihre zwei Ebenen machen die Songs so spannend, und als gleichberechtigte Sängerin der Band verleiht Gitarristin Amy Millan dem komplizierten Gerüst von Campbells Kompositionen Halt. "Es ist etwas ganz Besonderes, mit Amy jemanden zu haben, der die Welten, die ich versuche zu entwerfen, auf Anhieb versteht, ohne dass wir überhaupt darüber reden müssen", sagte der Songwriter gegenüber dem Entertainment-Magazin AV Club.
Die intensive Beziehung zwischen den beiden Stimmen bezeichnet Campbell als etwas Außergewöhnliches. "Wir schaffen uns im musikalischen Raum Situationen, in denen wir wie zwei Seiten ein und derselben Stimme klingen, fast schon so, wie der männliche und der weibliche Part einer Person."
Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die Band 2007 mit "In Our Bedroom After The War", dem bislang abwechslungsreichsten und stilistisch konstantesten Werk - eine wahre Schatztruhe an Indie-Hits, die sich entweder sofort entfalten oder erst nach mehrmaligem Hören zu voller Größe aufblühen.
Neben dem Powerpop-Eröffnungsstück "The Night Starts Here", der Ballade "Barricade" und der Glücksdusche "Bitches In Tokyo" brilliert die Band mit dem epischen Titelstück des Albums, einem etwas anderen Friedenslied.
Nach fast drei Jahren Pause, in denen die Band über ihre Website die experimentelle EP "Sad Robots" veröffentlicht hat und quer durch Amerika und Europa getourt ist, knüpft die fünfte Platte nun nahtlos an die Vorgänger an.
"The Five Ghosts" glänzt mit einem gelegentlich zwar düsteren, aber umso eingängigeren Indie-Pop, dessen Energie sich gleich vom ersten Song an entfaltet. Fans wird es freuen. Und allen, die anspruchsvollen Pop mögen und die Stars noch nicht kennen, sei es dingend empfohlen.