Öffentlich-rechtliches Fernsehen Rundfunkbeitrag: Test mit Inkasso-Firmen bei säumigen Zahlern

ARD, ZDF und Deutschlandradio kassierten 2016 knapp acht Milliarden Euro. Die Zahl der Befreiten steigt. Der SWR will bei säumigen Beitragszahlern testweise ein Inkasso-Unternehmen einsetzen.

Von fast acht Milliarden Euro an Beiträgen gingen 5,79 Milliarden an die ARD,1,97 Milliarden ans ZDF und 217 Millionen ans Deutschlandradio.

Foto: Arno Burgi

Düsseldorf. Arbeitslosigkeit und Altersarmut schlagen sich auch bei den Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag nieder. Die Zahl der Personen, die sich 2016 von der monatlichen Zahlung von 17,50 Euro befreien lassen konnten, ist weiter gestiegen. Mittlerweile sind es 2,93 Millionen; allein zwei Millionen sind Hartz-IV-Empfänger, knapp 600 000 erhalten Sozialleistungen zur Grundsicherung im Alter.

Der Anteil der Befreiten sei deutlich höher als erwartet, teilte der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio gestern in Köln mit. Dabei war die Zahl bereits 2015 mit 2,86 Millionen auf einem hohen Niveau. Anspruch auf Befreiung hat man neuerdings rückwirkend für bis zu drei Jahre.

Insgesamt kassierte der Beitragsservice im vergangenen Jahr 7,978 Milliarden Euro — 153 Millionen weniger als 2015 — von knapp 45 Millionen Beitragszahlern. Die ARD erhält 5,79 Milliarden Euro, das ZDF 1,97 Milliarden und das Deutschlandradio 217 Millionen Euro. Zudem werden die Landesmedienanstalten über den Beitrag finanziert.

Der Einnahme-Rückgang gegenüber 2015 sei auch dadurch zu erklären, dass im ersten Quartal 2015 noch der höhere Beitrag von 17,98 Euro galt. Damit befinden sich die Einnahmen für das öffentlich- rechtliche System nach der Umstellung auf eine Haushaltsabgabe 2013 wieder im leichten Sinkflug, wenn auch auf hohem Niveau. Die Blütenträume von einem stetig steigenden Beitragsfluss haben sich allerdings erübrigt. „Es bleibt maximal auf diesem Niveau. Phantasien von Einnahmen über acht Milliarden hat es gegeben, aber dafür gibt es keine Grundlage“, sagte Stefan Wolf, Geschäftsführer des Beitragsservice.

In der ewig jungen Frage nach der künftigen Höhe des Rundfunkbeitrags ist man damit auch nicht viel schlauer. Darüber entschieden wird ohnehin erst 2020, bis dahin bleibt es bei 17,50 Euro. Die Politik würde den Beitragssatz gerne stabil halten, allerdings hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) darauf hingewiesen, dass die Einnahmen für die Beitragsperiode ab 2021 nicht mehr ausreichen dürften. Zuletzt brachte der KEF-Vorsitzende Heinz Fischer-Heidlberger eine Erhöhung um einen Euro ins Spiel.

Die Sender verweisen auf ihre Sparanstrengungen; die ARD etwa wolle bis 2020 weitere 380 Stellen abbauen, hieß es in Köln. Das ZDF hatte die Streichung von 140 Stellen angekündigt. Außerdem wurden ARD und ZDF von den Länderregierungen aufgefordert, Vorschläge zu strukturellen Reformen vorzulegen, worauf nun die Medienpolitik gespannt wartet. SWR-Justiziar Hermann Eicher hätte da schon mal eine Idee, die die Länge der Beitragsperiode betrifft. „Vier Jahre sind zu kurz gegriffen. Wir brauchen einen längeren Planungshorizont. Dann hätte zum Beispiel vermieden werden können, dass der Rundfunkbeitrag erst gesenkt und dann wieder erhöht wird“, sagte Eicher, in der ARD federführend in Sachen Rundfunkbeiträge.

Stellen reduziert hat auch der Beitragsservice selbst, der sich vom Bürgerschreck namens Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in eine schlanke Behörde verwandelt haben will. Mittlerweile klingelt man nicht mehr an Türen, und die Mitarbeiterkapazitäten sanken von 1286 im Jahr 2013 auf aktuell 1010. Mit (zumeist) vergesslichen und (selten) renitenten Schwarznutzern habe man aber immer noch zu tun, erklärte Stefan Wolf und fügte ironisch an, es gebe eine stabile Klientel von rund 300 000 „Dauer- Brieffreundschaften“.

Die Zahl der Mahnverfahren sank 2016 gegenüber dem Vorjahr von 24 auf 21,1 Millionen. Rund zehn Prozent aller Beitragszahler erhalten demnach Zahlungserinnerungen, was laut Eicher mit den Erkenntnissen aus dem Schuldner-Atlas über den Anteil der Menschen in finanziellen Schwierigkeiten übereinstimme.

Zum Vollstreckungsersuchen kam es, Stand Ende 2016, bei 1,6 Millionen säumigen Beitragszahlern. Mit dem von Land zu Land unterschiedlich geregelten Gerichtsvollzieherwesen ist man bei der ARD aber offenbar nicht ganz zufrieden. Der SWR plant deshalb einen Test mit einem Inkasso-Unternehmen. Stimmt der Rundfunkrat zu, soll ein Unternehmen per deutschlandweiter Ausschreibung gefunden werden. Dieses soll nur schriftlich eingreifen, wie Eicher versicherte. „Mir persönlich wäre es auch lieber, wenn ich einen Brief von einem Inkasso- Unternehmen bekäme, als dass der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht und alle Nachbarn bekommen es mit."