Museum Folkwang in Essen Thomas Ruff und Sebastian Riemer: Die Kunst der beiden „Lumpensammler“

Das Museum Folkwang zeigt unter dem Titel „Retouched“ Arbeiten der Fotografen Thomas Ruff und Sebastian Riemer.

Foto: Sebastian Riemer „Snake Stunt“ (Portia), 2017/Folkwang Museum

Essen. Ehemalige Becher-Schüler bilden nicht nur die Wirklichkeit ab. Die Radikaleren von ihnen eignen sich fremde Fotos an und kommen zu erstaunlichen Ergebnissen. Auf diese Entwicklung macht das Folkwang-Museum in einer kleinen, feinen Ausstellung aufmerksam. Sie widmet sich dem ehemaligen Becher-Schüler Thomas Ruff (59) sowie dessen Schüler Sebastian Riemer (35).

„Retouched“ nennt sich ihre Schau. Beide Künstler machen sich einen aktuellen Ausverkauf von Bildern zunutze, denn amerikanische Zeitungen scannen ihre alten analogen Fotos ein, lösen anschließend ihre Archive auf und verramschen sie. Ruff wie Riemer sind Zweitverwerter, Lumpensammler gleichsam.

Aber sie drehen den Spieß zugleich um, indem sie mit den Eingriffen, Übermalungen und Collagen arbeiten, die ihnen die Redakteure anno dazumal verpassten, um Text und Bild aufeinander abzustimmen. Sie klebten, schnitten, retuschierten oder malten in den Fotos herum. Ruff & Riemer aber drücken ihnen ihr eigenes Signum auf. Sie arbeiten mit dem, was die Retuscheure alter Schule mit den Fotos angestellt haben.

Thomas Ruff ist der neugierige Wissenschaftler, der geradezu süchtig alle Facetten der Medien untersucht und für sich dienstbar macht. Er hatte dies schon in den 1990er Jahren mit „Zeitungsfotos“ getan, indem er 400 Ausschnitte abermals fotografierte, aber ohne Bildzeilen. Lauter leere Botschaften waren das Ergebnis, in grauen, auffällig gerasterten Aufnahmen.

Sebastian Riemer ist der Witzige in dieser Schau. Er arbeitet in seinen „Press Paintings“ die Eingriffe der Retuscheure genüsslich heraus, die dem alten Bild eine ins Groteske verweisende Wirklichkeit verpassten. Er scannt die Fundstücke hochauflösend ein und druckt sie im Großformat aus, sodass die satten, weißen Retuschen geradezu plastisch hervorspringen, während das eigentliche Bild auf einer darunter liegenden Ebene zu liegen scheint. Ein weiterer Düsseldorfer, Bogomir Ecker (67), der als Bildhauer bekannt ist, sammelt derlei alte Retusche-Fotos. Sie werden als Rohmaterial gleichfalls in der Essener Ausstellung gezeigt.