Filmförderung NRW „Toni Erdmann“ macht Stiftung glücklich
Die Filmförderung in NRW konnte sich im Jubiläumsjahr 2016 mit dem Erfolgsfilm schmücken. Aber die Gesamtfördersumme ist geschrumpft.
Düsseldorf. Er war das unplanbare Geschenk zum Jubiläumsjahr: Als die Film- und Medienstiftung NRW 2016 ihr 25-jähriges Bestehen feierte, konnte sie sich dabei auch im Erfolg der von ihr mit 785 000 Euro geförderten Produktion „Toni Erdmann“ sonnen. Der Film von Maren Ade lockte nicht nur über 800 000 Besucher in die Kinos, sondern sicherte sich bei 45 Festivalstarts noch über 20 Preise. Und vielleicht war das noch nicht alles: Am Dienstag um 14.18 Uhr wird bekanntgegeben, welche Filme für den Oscar nominiert sind, der am 26. Februar vergeben wird. „Toni Erdmann“ ist in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ offizieller deutscher Kandidat.
„,Toni Erdmann’ ist der seltene Glücksfall eines Films, der nicht nur in Deutschland, sondern auch international erfolgreich ist und Kritiker wie das Publikum begeistert“, sagte Stiftungs-Geschäftsführerin Petra Müller bei der Vorstellung der Jahreszahlen in Düsseldorf. Gleichzeitig mahnte sie: „Besucherzahl ist nicht gleich Besucherzahl.“ Will heißen: Die 120 000 Zuschauer für die türkisch-französisch-deutsche Koproduktion „Mustang“ von Deniz Gamze Ergüven seien ebenfalls ein „enormer Erfolg“. Filmförderung sei immer auch eine Mischkalkulation zwischen erwarteten Publikumsrennern wie den Komödien und dem kulturellen Auftrag der Stiftung.
Die Entwicklung der Besucherzahlen insgesamt ist ein Sorgenkind der Branche. Und dass der Anteil der deutschen Produktionen am bundesweiten Zuschauerkuchen von über 20 Prozent im Rekordjahr 2015 im Folgejahr nach ersten Auswertungen wieder auf 16,8 Prozent abgesackt ist, schmeckt der Film- und Medienstiftung auch nicht. Den Filmen bleibe oft kaum noch Raum, Publikum (auch durch Mund-zu-Mund-Propaganda) aufzubauen, weil die Abfolge so eng getaktet sei, klagte Müller.
Umso wichtiger sei es der Stiftung, „die Kinosituation zu stabilisieren“, wie Christina Bentlage, Leiterin der Förderung, ergänzte. So unterstützte die Stiftung sowohl die Sanierung und Neueröffnung dreier Kinopaläste in Köln als auch des „Weltspiegels“ in Mettmann, einem der ältesten Kinos in Deutschland. Aktuell stehen in NRW noch 854 Leinwände zur Verfügung.
Insgesamt hat die Film- und Medienstiftung NRW im vergangenen Jahr 30,1 Millionen Euro für 405 Projekte zur Verfügung gestellt, darunter 66 Kinofilme und neun TV-Projekte wie „Brecht — eine Vorstellung“ von Heinrich Breloer. Die Fördersumme fiel niedriger aus, nachdem in den vergangenen Jahren zunächst der Gesellschafter WDR sein Engagement um drei Millionen Euro zurückgefahren hatte und dann auch noch das Land NRW mit einer Million folgte. Weil die Bayern ihre Landesförderung zeitgleich auf knapp 37 Millionen Euro aufstockten, rutschte NRW 2016 bei der Filmförderung im bundesweiten Vergleich vom Spitzenplatz auf Rang zwei ab
Die Kürzungen, so Bentlage, hätten alle Bereiche und damit auch die Produktion betroffen. Dennoch blieb die Kinosparte mit 19 Millionen Euro der größte Förderposten; 66 Filme wurden unterstützt. „Das ist nicht viel weniger Geld als bisher, aber es sind viel weniger Projekte“, sagte die Förder-Leiterin. Das Gespräch mit den Produzenten beginne sehr weit im Vorfeld. Maßgabe sei es, nicht nur „fokussierter“ zu fördern, sondern auch dafür zu sorgen, dass das Geld schnell beim Dreh ankommt.
Dabei fließt nicht nur das Geld aus NRW: An 800 Drehtagen wurde hier im vergangenen Jahr auch an Produktionen wie der Fernsehserie „Babylon Berlin“ von Tom Tykwer oder dem Film „55 Steps“ von Bille August gearbeitet. Die Summe der dadurch ausgelösten Investitionen in NRW beziffert die Filmstiftung auf knapp 57 Millionen Euro.
Als erfolgreich verbucht die Stiftung im Rückblick noch einen weiteren Aspekt von 2016: Es sei ein „Jahr der Frauen“ gewesen. Damit sind nicht nur die oscarverdächtigen Arbeiten von Maren Ade („Toni Erdmann“) und Deniz Gamze Ergüven („Mustang“) gemeint, sondern auch Nicolette Krebitz’ „Wild“, Corina Belz’ Peter-Handke-Film und Iciar Bollains „El Olivo“.