Bildende Kunst A.R.Penck, der berühmteste Außenseiter der DDR-Kunst

Düsseldorf · Der Maler A.R. Penck aus Dresden schuf ein Gemälde, das wie das Sinnbild für die Teilung Deutschlands wirkt. Samstag wäre er 80 Jahre alt geworden.

A.R. Penck, Der Übergang“, 1963, Sinnbild der deutschen Teilung. Das Bild ist in Düsseldorf ausgestellt.

Foto: akg-images

Am Samstag wäre A.R. Penck (1939-2017) 80 Jahre alt geworden. Das Datum fällt mitten in die Aufarbeitung der ostdeutschen Kunstszene, hat er doch über 40 Jahre in der ehemaligen DDR verbracht. Der gebürtige Dresdner verkörperte einen neuen Typ des oppositionellen Künstlers in der DDR. Er galt als Galionsfigur und Querkopf. Sein Einfluss stieg mit seiner Ausbürgerung, wie es sein erster Galerist Jürgen Schweinebraden beschreibt, dessen Sammlung heute der Städtischen Galerie in Dresden gehört.

Ralf Winkler (so sein Geburtsname) war notgedrungen Autodidakt, dem der SED-Staat den Eintritt in die Künstlervereinigung und damit auch in die Kunstakademie verwehrt hatte. Er startete als Kopist, kupferte bei Tizian und Picasso ab. Er lernte von den Großen und landete zeitweilig in der realsozialistischen Gegenwart. Seine schwarzbraunen Bilder nannte er ungeniert „Rembrandt-Rekonstruktionen“.

Über die Zeichnung gelangte er zu den „Geschichtsbildern“, wie er es nannte. Sie wurden zu Symbolen der Zeitgeschichte. Eine Papierarbeit von 1960 aus Dresden, die derzeit im Düsseldorfer Kunstpalast in „Utopie und Untergang“ zu sehen ist, nennt sich „Der Sturz“. Sie zeigt seine ersten Strichmännchen. Gestürzt wird der Schnauzbart einer Büste, die an Stalin erinnert. Aber der nächste Götze wird schon angeschleppt. Er machte sich nichts vor. Doch seine zeichnerische Handschrift machte ihn frei und mutig.

1963 entsteht die Inkunabel für die deutsche Teilung, „Übergang“, die heute dem Ludwig Forum Aachen gehört. Winkler arbeitete zu der Zeit als Kohle schaufelnder Nachtwächter und zündete schon in Gedanken das Feuer, durch das die schlanke Figur mit den ausgebreiteten Armen wie ein Schlafwandler jongliert. Wird der dünne Balken zwischen den politischen Blöcken halten? Noch war der Ausgang unklar.

1965 schickte Winkler fünf Zeichnungen in eine Auktion des Jugendklubs am Dresdner Kupferstich-Kabinett und bekam dafür 26 Ostmark. Die Blätter waren nichts wert. Dennoch beugte er sich nicht dem offiziellen DDR-Kunstbetrieb. Statt realistisch zu arbeiten, konzentrierte er sich von nun an auf Zeichen, Zahlen, Buchstaben und Pfeile. Mit radikalen Vereinfachungen bewies er seine Eigenständigkeit. Er wurde zum berühmtesten Außenseiter der DDR-Kunst.

Privat las er sich in Soziologie, Mathematik und Kybernetik ein. Dabei stieß er auf den Eiszeitforscher Albrecht Penck (1858-1945), seinen „Namensgeber“ ab 1968. Das Pseudonym brauchte er, denn der Galerist Michael Werner organisierte ihm Soloschauen in Westberlin.

Nun legte er los, schuf Zeichen und Signale und machte auf der Documenta mit. 1976 traf er Jörg Immendorffs bei dessen erstem Besuch in Ost-Berlin und 1978 ein zweites Mal in Dresden. Der Dialog zwischen Ost und West konnte beginnen. Penck befand sich in der Phase der Neuorientierung. Und Immendorff war im Begriff, mit „Café Deutschland“ das wichtigste Werk zu Zeiten des kalten Krieges zu schaffen. Penck wurde vorgeladen und verwarnt. Seine Ausbürgerung folgte 1980.

Als West-Bürger entwickelte und perfektionierte er seine universale Sprache. Zugleich befriedigte er den neuen „Hunger nach Bildern“ in opulenten Ausstellungen. Seine Werke wurden zu Bestsellern auf dem Kunstmarkt.