Wichtigster Landschaftsmaler der Gegenwart: Museum Küppersmühle zeigt Koberling-Werkschau

Der Einzelgänger gilt als wichtigster Landschaftsmaler der Gegenwart. Er findet seine Inspiration in Skandinavien.

Foto: Marcus Schneider

Duisburg. Wenn am Donnerstag um 19 Uhr die Retrospektive von Bernd Koberling im Museum Küppersmühle für Moderne Kunst eröffnet wird, dann trifft der Berliner Maler auf seinen Freund Markus Lüpertz. 1964 hatten sie mit K.H. Hödicke die kurzlebige Künstlervereinigung Großgörschen gegründet und dabei auf die abstrakte Nachkriegskunst gepfiffen. Dennoch ist Koberling nicht der Kumpel, sondern der geniale Einzelgänger. Kaum hatte er sich 1959 entschieden, Maler zu werden, als er nach Island in die Einsamkeit entwich. Dort tankt er noch heute Kräfte, um als wichtigster Landschaftsmaler der Gegenwart zu bestehen. In Duisburg präsentiert er eine fulminante Schau mit 85 Bildern aus sechs Jahrzehnten.

Ob er noch immer die Natur zum Malen brauche, wie vor 60 Jahren? Koberling reagiert spontan, auch etwas verärgert auf die Frage, um zu betonen: „Die Natur habe ich mein ganzes Leben lang gebraucht. Und ich werde eines Tages ein Teil von ihr wieder werden.“

Er machte es sich nie leicht. Er arbeitete 13 Jahre lang als Koch, bis er endgültig den Absprung als Künstler wagte. Er hatte in den 1960er und 1970er Jahren „durchgemalt“, wie er es nennt. Heute sieht er sich als Pionier, der mit seinen Freunden die Erfolge der jungen Wilden vorbereitete. Nur habe man die jungen Wilden oft schneller gesehen als seinesgleichen. Das heißt, erst seit der Bilderflut der 1980er Jahre, als man ihn zwischen Europa und Amerika herumreichte, gehört er zur neuen Garde unter den Malern.

Aber er war nie ein Triumphator, nie ein Wilder, nie eine Malersau. Sondern stets ein Zweifler. Museumschef Walter Smerling nennt ihn gar einen „Krisenliebhaber“. Koberling ging allerdings aus jeder Versuchung, jeder Selbstkritik gestärkt hervor. Die Natur wurde im Laufe seines Schaffens zu seinem Lebenselixier. Keiner hat sich intensiver als er mit der Einsamkeit in der Tundra der Lappen oder am Polarkreis auseinandergesetzt. Er hat die Farben aus einer Kargheit erblühen lassen. Er lief auf den rituellen Pfaden der Sámi, der indigenen Bevölkerung im Norden, streifte durch zerklüftete Fjorde und Gletscher, durch Sümpfe und Täler. Und zeichnete und tuschte. Die großen Gemälde entstehen weiterhin in Berlin. Es sind Werke der Erinnerung, der Konzentration, der Sinnlichkeit und elementaren Einfachheit.

Immer wieder lässt er dem Zufall freien Lauf. Er hatte im Herbst 1965 nachts gemalt. Als er morgens das Atelier aufräumte, lehnte ein Keilrahmen mit ungrundiertem Nessel an einem fertigen Bild, und der Maler sah durch den Stoff hindurch auf die Farben und Formen. Das war der Beginn von „Überspannungen“. Er erklärt: „Ich malte auf der ersten Nesselschicht Bäume, Berge und Felsen, überspannte die Malerei mit einer zweiten Schicht Nessel, die ich ebenfalls bemalte. Und trug dann eine halbtransparente Plastikfolie auf.“ Das Ergebnis wirkt wie ein Sandwich. Die Details fügen sich zu einem unantastbaren, harmonischen Ganzen.

Koberling hat immer wieder neu angesetzt, hat Farben in der grobporigen Jute absaufen lassen, hat sie auf eine spiegelglatte Kaseinschicht aufgetragen, so dass sie wie ein riesiges Aquarell zu tänzeln beginnen. Er ist den Fischlarven im Wasser nachgestiegen, um ihren Mikrokosmos festzuhalten. Derzeit malt er abermals in Ölfarbe, verdünnt mit sehr viel Terpentin, so dass die Bilder traumhaft wirken.

Sein Resümee: „Ich liebe die Malerei. Ich möchte bis zum schönen Ende fast nur noch malen.“ Im nächsten Jahr feiert er seinen 80. Geburtstag.