Besondere Konzepte Krefelder Schulen: Gewaltfrei lernen mit Rotarier-Hilfe

Der Rotary-Club macht es möglich, an Krefelder Schulen Konzepte des Sozialen Lernens zu verwirklichen. Die Ergebnisse beeindrucken alle. Wie kann das funktionieren?

Freuen sich mit der Grundschule Königshof, von links: Katja Grage, Foundation-Beauftragte des Rotary-Clubs Krefeld, NRW-Finanzminister und Schirmherr Marcus Optendrenk, Thorsten Böger, Projektleiter vom RC Kempen-Krefeld, Sibylle Wanders vom Förderverein Gewaltfrei Lernen e.V, Thomas Frieling, Präsident des RC Krefeld, Frederike Sandjaja (stellvertretende Schulleiterin), Constanze Kreymborg, Rektorin der KGS Königshof, Jürgen Schmitz, Foundation-Beauftragter des RC Kempen Krefeld, Karl Bedau (RC Kempen Krefeld, in der Hocke) und Matthias Melcher, Präsident des RC Krefeld-Greiffenhorst.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Was es für Kinder bedeutet, Teil des Universums Schule zu sein, ist nicht immer allen klar: das ständige Messen, Interaktionen, Freund- und Feindschaften, Streit und Mobbing. Mal positive Erlebnisse, oft auch negative. Dazu gesellt sich in Folge der Corona-Pandemie die Erkenntnis, dass Kinder ichbezogener als zuvor agieren, oft nur noch an bestimmten Freunden festhalten, ohne neue Kontakte eingehen zu können.

All das kennt Sibylle Wanders. Tausendfach. Deshalb wirbt die Leiterin der Konfliktschulung „Gewaltfrei Lernen“ für Konzepte gegen Ausgrenzung, Mobbing und Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Sie lehrt das. Trainiert mit den Kindern. Reist durch Deutschland. Gerade hat sie Halt gemacht an der Katholischen Grundschule Königshof. Geschult wurden auch die Lehrerinnen und Lehrer, die das Konzept jetzt in ihren Alltag integriert haben. Und die Eltern: Mehr als 130 von ihnen nahmen an der Schulung teil. Mit viel Enthusiasmus, wie am Mittwoch bei einer Präsentation in den Räumen der Grundschule spürbar wurde. Möglich gemacht hat diese besondere Art des Sozialen Lernens der Rotary-Club Kempen-Krefeld in einem Großprojekt mit dem Schirmherrn Marcus Optendrenk. Der CDU-Politiker und Finanzminister Nordrhein-Westfalens war bis vor Monaten Vorsitzender des RC Kempen-Krefeld.

Optendrenk kennt dieses spezielle Universum Schule ganz gut. Vater Gymnasiallehrer, Frau Realschullehrerin. Und der zehn Jahre alte Sohn wechselt gerade die Schulform. „Da merkt man schon, dass auch in vermeintlich heilen Welten Fragen auftauchen, die Antworten benötigen“, sagt er vor Ort.

Die Rotarier haben daraus das Gemeinschaftsprojekt „Stark in der Schule – fair miteinander“ gezimmert – und tragen es nun durch die Schulen in Krefeld und in den Kreis Viersen. Weil der Club international denkt, sind Projektpartner selbst aus den Niederlanden oder Brasilien dazu gestoßen. Daraus geworden ist ein sogenanntes „Global Grant“-Projekt, das über einen längeren Zeitraum wirken und möglichst viele Schulen erreichen soll – und entsprechend teuer ist. Bis zu 12 050 Euro gibt Rotary für eine vierjährige Unterstützung pro Schule aus. 52 000 Euro umfasst das Projektvolumen. Die anderen 50 Prozent müssen über Fördervereine, politische Förderungen oder Spenden getragen werden, erklärt Rotary-Mitglied Jürgen Schmitz das Konzept der „Service-Gemeinschaft“.

Nun ist Geld da, mit dem Kinder im Zweifel gestärkt und aufrechter, vielleicht selbstbewusster ins Leben geschickt werden. „Grundschule und Klasse 5 sind ideal für diese Schulungen“, sagt Wanders. Hier legt sich an, was später Früchte trägt.

Constanze Kreymborg, Schulleiterin der KGS Königshof, schätzt das alles für ein „achtsames Miteinander“. Ihre Schule ist eine sogenannte „Gunstlagenschule“, die Eltern sind engagiert, das Kollegium motiviert. „Eltern wollen Kinder gestärkt in die Welt setzen“, sagt sie. Für manches bleibe im Schulalltag zu wenig Zeit. Für das Kollegium sei das ein „niederschwelliges Projekt, gut einzubauen und am Ende abgeschlossen.“ Wanders frischt gerne mit einem Brief zu späterem Zeitpunkt auf – und erinnert Lehrer wie Schüler an Erlerntes. Trägt es noch?

Etwa, wie man neue Freundschaften eingehen kann. Wie man sich nähert. Es geht um Selbstbehauptung: Wie reagiert man, wenn man geschubst wird? Die Kinder, sagt Wanders, gehen heute weniger höflich miteinander um, der Medienkonsum wirke. Aber wie reagiert man darauf? „Den Machtkampf gewinnen, indem man cool bleibt“, sagt Wanders. Das könne man erlernen. Sie sieht schnell Erfolge: „Nach drei Stunden stehen Kinder ganz anders da.“ Jeweils drei mal 90 Minuten widme sie sich einer Klasse, dazu das Lehrertraining, der Elternabend. Später nehmen die Schulen die Inhalte in ihr Schulsozialkonzept auf.

Wanders geht auch in Rollenspiele: „Wie kannst du helfen, wenn jemand ausgegrenzt wird?“ Und: „Wie gehe ich mit aggressiven Menschen um?“ Ihre Sozialtrainings würden „den ganzen Menschen schulen“, wirbt sie, die 30 Trainer beschäftigt. Und alles in Bewegung lehrt. „So lernen Kinder besser.“

Die stellvertretende Schulleiterin Frederike Sandjaja ist begeistert: „Wir hören die Sätze, die Kinder gelernt haben, im Alltag der Schüler wieder. Das kommt an. Und muss sich immer wieder verfestigen.“ Und die Elternpflegschaftsvorsitzende Pia Kronsbein stellt den Fortschritt inzwischen in der eigenen Familie fest. Und erzählt: „Als eine Tochter einmal bedrückt nach Hause kam, sagte die Kleinere: ,Du darfst das gar nicht so ins Herz lassen. Du musst dann einfach mit der Schulter zucken.’“