Vorwürfe des Recherchenetzwerks Correctiv Marke „Strike“: Verdacht auf Fälschungen bei Krefelder Jungunternehmer
Krefeld · Die frühere Erfolgsmarke „Strike“ bot offenbar Neuware aus Pakistan als Secondhand an.
Der Jungunternehmer Daniel Bayen galt mit seiner Vintage-Marke Strike in Nordrhein-Westfalen als Hoffnungsträger des Handels. Nun haben Journalisten des Recherchenetzwerks Correctiv herausgefunden, dass Bayen bei seiner mittlerweile insolventen Erfolgsmarke Strike womöglich zum Teil in Pakistan gefertigte Neuware einkaufte, statt echte Vintagekleidung im Sortiment anzubieten. Bayen habe in Südostasien in größerem Umfang Fake Vintage-Artikel produzieren und nach Deutschland einführen lassen, so die Correctiv-Recherche. Die Kundinnen und Kunden ließ das Label in dem Glauben, in seinen Läden werde echte Secondhand-Mode verkauft.
Bayen räumte gegenüber Correctiv Fälschungen ein, bestritt aber, seine Kunden vorsätzlich getäuscht zu haben. Die Plagiate habe er zu „Schulungszwecken“ bestellt, um Mitarbeitern den Unterschied zu den Originalen zu zeigen, oder wenn er für Fotoshootings bestimmte Teile brauchte. Manchmal habe er aber auch aus Versehen Fälschungen gekauft, „weil ich es nicht besser wusste und es nicht aufgefallen ist. Da habe ich teils auf jeden Fall auch fahrlässig gehandelt.“
Das Medienhaus will seine Recherchen mit Fotos, Videos und Chatprotokollen beweisen können. Aus Überweisungsbelegen gehe hervor, dass Bayen zwischen Ende 2021 und Sommer 2023 wiederholt größere Beträge an den Großhändler Mughal Brothers Vintage Wholesale in Karatschi überwiesen habe, teilweise in sechsstelliger Höhe. Chatprotokolle sollen zudem darauf hindeuten, dass Bayen gezielt Neuware bestellt haben könnte. Offenbar habe Bayen in einem Mailwechsel an den Händler in Pakistan geschrieben: „Ich suche noch mehr Designs. Ich brauche das sehr schnell wie möglich.“ Der Großhändler habe geantwortet: „Ja, bitte, Bro, schick mit alle Designs, und lass mich wissen, welche Siebdruck sein sollen.“
Die Firma Mughal Brothers Vintage Wholesale verbreitete auf Tiktok Videos aus einer Fabrik in der Stadt Sialkot: Diese zeigen, wie Arbeiter im Akkord Sweater, Hoodies und Jacken nähen, darunter Vintage-Plagiate. Auf Anfrage von Correctiv habe der Händler Vorwürfe von gefälschter Markenkleidung zurückgewiesen.
Zugleich bestätigt die Firma aber, auch neue Kleidung an Bayen und andere Kunden vertrieben zu haben. Mughal Brothers sei aber auf Vintage-Kleidung spezialisiert und besorge Neuware quasi als Mittelsmann von anderen Anbietern: „Nachdem Daniel bei uns neue Kleidung nachgefragt hat, kamen viele Kunden aus Deutschland und fragten nach neuer Kleidung.“ Um den Interessenten gegenüber einen „besseren Eindruck“ zu machen, habe man sich auch als Hersteller ausgegeben.
Laut Correctiv habe Bayen absichtliche Verstöße zurückgewiesen, gehe aber selbst von einem erheblichen Anteil von Plagiaten aus. Auf die Frage, in welcher Menge er in Pakistan gefälschte Ware gekauft habe, verweist er Correctiv gegenüber auf die allgemein verbreiteten Missstände des Vintage-Marktes: „Der genaue Umfang lässt sich wahrscheinlich gar nicht wirklich definieren. Ich vermute, dass zwischen 20 und 30 Prozent der Markenkleidung auf dem Gebrauchtmarkt Fälschungen oder gebrauchte Fälschungen sind.“
Daniel Bayen hatte sich ab 2019 mit äußerst erfolgreichen Vintage-Stores einen Namen gemacht und galt als Nachwuchshoffnung der deutschen Branche. Innerhalb von zwei Jahren eröffnete er Geschäfte an 16 Standorten und erzielte nach eigenen Angaben Millionenumsätze. Im Februar dieses Jahres ging die Firma in die Insolvenz. Das Geschäft mit der gebrauchten Kleidung boomt. Laut Prognosen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC soll der Markt von 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2022 bis 2025 auf fünf bis sechs Milliarden Euro wachsen.
Der Jungunternehmer begann in Krefeld an der Lohstraße 118, erster Stock. Dort, zwischen Rheinstraße und Sankt-Anton-Straße, startete Bayen seinen Erfolg, nach knapp vier Jahren war alles vorbei. Die Idee: Second-Hand-Textilien von Edelmarken aus trendigen Quellen für kleines Geld über Instagram anzubieten, das dann zunehmend auszuweiten. In Krefeld gab es dafür 2021 den dritten Rang beim Gründerpreis. Im Unternehmen heißt es, sei die Struktur in den vergangenen Jahren nicht mitgewachsen, das habe Bayen das Genick gebrochen.