Mehr Aufmerksamkeit für die wichtigen Themen
Zu: Wuppertals Schulden und Wuppertals Arbeitsmarkt
Aktuell dominiert die Corona-Krise das Leben praktisch aller Menschen in dieser Stadt. In diesem Kontext hat sich auch der Rat der Stadt auf eine Resolution gegen den drohenden Schuldenberg verständigt. So viel Einmütigkeit und Entschlossenheit hätte ich mir als besorgter Bürger schon in den Vorjahren gewünscht, denn der bereits bestehende, unerträglich hohe Schuldenberg hätte bereits verschwunden, mindestens aber deutlich kleiner sein können. Es ist völlig egal, ob wir nur den „Dispo“ der Stadt, die sogenannten Kassenkredite in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, oder den zu erwartenden Schuldenstand von mehr als 2 Milliarden Euro nach der Corona-Krise betrachten – Wuppertal wird diesen Rucksack ohne fremde Hilfe niemals ablegen können und wird auch immer wieder ausgebremst werden durch diese Schulden. Von daher ist es erste Verwaltungsspitzen- und Abgeordnetenpflicht, diese Schuldenlast von unseren Schultern zu nehmen – und zwar mit grimmiger Entschlossenheit und Mut, weitere Bierdeckel sind hierbei nicht hilfreich. Die zweite Aufgabe besteht darin, die Struktur des städtischen Haushalts zu ändern. 95 Prozent Pflichtaufgaben sind zu viel, weil es somit zu wenig Spielraum für die sogenannten „Freiwilligen Leistungen“ gibt. Diese sind aber der Kern der Kommunalpolitik – Grünanlagen, Kultur, Schwimmbäder und ähnliches machen Wuppertal liebens- und lebenswert. Durch die freie Verwendung dieser Gelder erlebe ich wohlverstandenen demokratischen Geist: einen Ideenwettstreit zu Gunsten von uns Bürgern, im Idealfall sogar für die große Mehrheit.
Ich wünsche mir, dass die Repräsentanten dieser Stadt nicht nur dafür sorgen, dass die Stadt ab 2021 zehn Prozent des Jahresetats als Eigenkapital aufweist, sondern dass bei Einhalten dieser Marke auch zehn statt bisher fünf Prozent des Haushalts für diese „Freiwilligen Leistungen“ verwendet werden können. Über diese zehn Prozent sollte dann von Wuppertalern für Wuppertal auch in Wuppertal selbstständig entschieden werden. Die dritte Aufgabe muss darin bestehen, dem Arbeitsmarkt mehr Aufmerksamkeit zu widmen: 7,5; 9,4 und 15,6 Prozent – so lauten die aktuellen Unterbeschäftigungsquoten für Deutschland, NRW und Wuppertal, ohne Kurzarbeiter. Jedem wird sofort klar, wie kaputt der Wuppertaler Arbeitsmarkt ist. Konkret bedeuten diese Zahlen, dass aktuell offiziell mehr als 30 000 Menschen in dieser Stadt keiner Beschäftigung nachgehen (können), mit der sie ihr Leben ohne fremde materielle Hilfe gestalten können. Wer jetzt reflexhaft meint, auch diese Zahl sei „Corona“ geschuldet, dem sei geschrieben, dass sich diese Zahl in den letzten drei Jahren in einem Korridor zwischen 28 480 und 31 462 Menschen bewegt hat. Ich weiß nicht, was und wie viel die Arbeitsagentur macht, aber unter dem Strich kommt nichts bei rum. Wuppertal ist zu klein, um dauerhaft einer solch großen Zahl von Menschen mit schlechter Lebensperspektive eine lebenswerte Heimat zu bieten. Von daher muss es das Ziel sein für das Oberzentrum des Bergischen Landes, diese Unterbeschäftigungsquote innerhalb der nächsten fünf Jahre auf Remscheider beziehungsweise Solinger Niveau zu bringen – konkret auf rund zehn Prozent.
Ist das alles schwierig? Sicherlich. Ist es gar unmöglich? Ich weiß es nicht. Aber wenn eine kleine, kranke Schwedin die Welt bewegen kann, dann sollten erwachsene, gesunde Wuppertaler diese Stadt und dieses Land bewegen können – zum Wohle von uns allen.
Lutz Fette, per E-Mail