Musikfestival Wupperwerft-Festival: So geht Feiern in der Corona-Krise

Wuppertal · Die Distanz-Party auf dem Carnaper Platz sorgte bei vielen Gästen für eine kuriose Konzert-Erfahrungen. Einige Besucher hatten eine weite Anreise.

 Horst Wegener freute sich vom Autodach aus über die Aufregung vor dem Live-Konzert, die jetzt wieder erlebbar wurde.

Horst Wegener freute sich vom Autodach aus über die Aufregung vor dem Live-Konzert, die jetzt wieder erlebbar wurde.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Dumpfer Sound, nur durch Windschutzscheiben zu hören, und ein Lichthupen-Gewitter am Ende eines jeden Liedes: Die Atmosphäre eines Auto-Festivals ist völlig ungewohnt, und gerade deshalb zieht sie die Gäste in ihren Bann. Auf dem Carnaper Platz waren über das gesamte Wochenende Konzerte zu sehen, Musiker konnten nach langer Pause wieder auf der Bühne auftreten und Festival-Verrückte in einem sonst entbehrungsreichen Sommer begeistern. Horst Wegener hat hier als junger, aufstrebender Künstler aus Wuppertal ein dreitägiges Programm auf die Beine gestellt. Ganz bewusst ist er dabei in seiner Heimatstadt geblieben: „Wir wollen uns als Wuppertaler Player etablieren und ein Großstadtgefühl herbringen“, sagt der Rap-Musiker, der für das Wupperwerft-Festival Künstlerinnen und Künstler gewinnen konnte, „die sonst nicht hierhergekommen wären“. So gibt er nicht nur Wuppertal eine Bühne, sondern zu schwierigen Zeiten auch jenen, die genau diese Bühne nun mehr denn je brauchen, da seit Monaten keine Konzerte mehr durchführbar sind. „Beim Soundcheck hatten alle ein Grinsen im Gesicht, endlich war wieder diese Aufregung vor einem Live-Konzert spürbar“, berichtet Wegener.

Und die Aufregung macht auch vor den Konzertgästen nicht Halt. „Ich habe so etwas noch nie gemacht, es ist eine coole Stimmung“, findet Mika Milobara. Auch Pia Mehnert lobt das Format: „Besser geht es bei Corona nicht.“ Die ungewohnte Aktion bringt für sie neue Vorteile: „Wir können direkt auf die Bühne schauen, es sind keine großen Menschen im Weg“. Kuriose Konzert-Erfahrungen macht auch Ana-Marija Spiroska. „Ich hoffe, die Autobatterie stirbt nicht.“ Der Bühnenton wird per Radio in die Autos gebracht, die Besucher auf dem Carnaper Platz konnten über eine bestimmte Frequenz mithören.

Eine Win-Win-Situation
für Künstler und Gäste

Der Stimmung tat das keinen großen Abbruch. Manche feierten durch das offene Schiebedach mit, bei heruntergelassenen Fenstern sorgten die Beats für ein Corona-konformes Gemeinschaftsgefühl. Mitinitiator Jürgen Harmke von der Stadtsparkasse sieht „natürlich keine Dauereinrichtung“ in der Pkw-Bühne, die mit der Unterstützung von AWG, WSW, dem Jobcenter, dem Stadtmarketing und der Sparkasse belebt wird. Trotzdem sieht Harmke eine „Win-Win-Situation für Bühnenbauer, Tontechnik, Künstler und Zuschauer“. Auch die Galerie Droste war am Festival beteiligt, an der Katernberger Straße wurde der Backstage-Bereich eingerichtet.

Die Distanz-Party bot also auch Anlass, die Kunst wieder auf den Plan zu rufen. Besucherin Luam Kessette findet: „Die Kultur geht aktuell in der Krise unter, deshalb ist es eine echte Alternative.“ Die WupperWerft, die Songtexte schreibt und Musikvideos dreht, ließ ihre Kundschaft diese Alternative auskosten. Die machte gerne Gebrauch von der Chance, wieder auf einer Live-Bühne zu stehen und kam dafür gar aus Berlin, wie Narou oder aus München, wie Roger Rekless. Einer der Gründe: „Aufstrebende Leute wie Majan oder Wilhelmine wären jetzt erstmals auf Tour gegangen, das ist jetzt nicht möglich. So haben sie doch ein Live-Konzert in diesem Jahr“, erklärt Horst Wegener.

Der Rapper aus dem Tal gab der Aktion als WupperWerft-Gesellschafter nicht nur Konturen, sondern trat auch selbst mit seinen Songs auf. Verglichen mit einem Online-Konzert, wie sonst in der Pause üblich, sieht er hier klare Vorteile: „Es gibt die Interaktion mit dem Publikum.“ Sein Ziel, Wuppertal auf den Konzert-Plan zu rufen, hat er offenbar schon erreicht. Unter den vielen überregionalen Gästen waren mit Jennifer Thomas und Alexandra Stockmann zwei Erlangenerinnen, die eine fünfstündige Anreise auf sich genommen hatten. Ihr Fazit aus dem Autofenster: „Das ist es absolut wert.“