Meinung Der Brexit ist nah - auch für Menschen in NRW

Meinung · Der Brexit naht mit großen Schritten. Und er betrifft nicht nur die Menschen, die auf der Insel leben, sonder auch Menschen in NRW.

Ein Mannin einem Lokal vor dem Hauptsitz der Europäischen Kommission in Brüssel. Dort laufen die Verhandlungen mit Großbritannien zum Brexit

Foto: dpa/Francisco Seco

Als die Briten vor zwei Jahren für den Austritt aus der Europäischen Union votierten, wirkte der Brexit noch sehr abstrakt – und vor allem wahnsinnig weit weg.

Die Debatte um mögliche Folgen fühlte sich an wie die Frage von übereifrigen Freunden schon im Frühjahr, was man denn Silvester plane. Man lächelt sie weg. Und dann ist plötzlich Ende Dezember, alle sind verabredet, die Eintrittskarten weg.

Juliane Kinast.

Foto: Judith Michaelis

So scheint es vielen Unternehmen in NRW derzeit zu gehen. Denn der Brexit, das zeigt die Studie im Auftrag der Grünen im Europaparlament, ist weder zeitlich noch räumlich weit weg. Er steht mit dem näherrückenden 29. März 2019 fast vor der Tür. Und er betrifft nicht nur die Menschen, die auf der Insel leben. Sondern Menschen, die in NRW arbeiten, die in strukturschwachen Regionen auf EU-Fördermittel angewiesen sind.

Menschen, die im April nach London fliegen wollen und auf ihren Tickets jetzt den Hinweis finden, dass der Flug unsicher ist – weil es für Direktflüge aus der EU in Drittstaaten komplexe Regeln gibt. Junge Menschen, die in NRW studieren und mit dem Erasmus-Programm nach Cambridge wollten. Und nicht zuletzt Menschen aus Großbritannien, die in NRW leben, um ihren Aufenthaltsstatus, ihren Job, ihre Heimat bangen.

Wie in Brüssel mit dem Horrorszenario eines harten Brexit ohne Abkommen in den Verhandlungen als Trumpf gespielt wird, ist hanebüchen und angesichts der Ängste in Bevölkerung und Wirtschaft fahrlässig. Umso wichtiger ist es, dass die Landesregierung hier schon nah bei den betroffenen Firmen ist, proaktiv Hilfe anbietet. Das brauchen auch die Menschen: Dürfen hier lebende Briten etwa weiter Stadträte wählen? Eine der Fragen, die nicht in Brüssel entschieden werden, sondern hier. Viel zu lange durfte sich in der Bevölkerung der Eindruck durchsetzen, EU-Politik sei weit weg. Dass sie es nicht ist, sondern konkret Jobs, Lebensqualität, Entwicklung bringen oder kosten kann, zeigte sich selten mehr als jetzt.