Diskussion um Renteneintritt: Gute Aussichten für die Generation Grau
Das festgelegte Renteneintrittsalter ist nicht mehr zeitgemäß
Der Jugendwahn am Arbeitsmarkt geht zu Ende. Konnte bis vor wenigen Jahren die Arbeitnehmerschaft „Ü 50“ aus Sicht der Arbeitgeber gar nicht früh genug in den Ruhestand treten, um jungen, dynamischen, ehrgeizigen — und billigeren — Kräften Platz zu machen, setzt nun der Gegentrend ein.
Inzwischen suchen die Personalchefs von Mittelstand und Konzernen händeringend nach Möglichkeiten, ihre Senioren möglichst über das Renteneintrittsalter hinaus an das Unternehmen zu binden. Denn die Zahl der jungen Fachkräfte am Arbeitsmarkt sinkt rapide. Da wäre es doch geradezu fahrlässig, auf die Dienste der erfahrenen Alten zu verzichten.
Bahn frei also für die Generation Grau? Nein. So leicht lässt sich der bundesdeutsche Bummelzug nicht umleiten. Erst müssen die Richtlinien beseitigt werden, die in der Vergangenheit dazu führten, dass die sogenannten Alten ihre Stellen möglichst schnell für die Jugend freimachten. Das kann dauern und wird nicht ohne ideologische Verbalschlachten vonstatten gehen.
Auf jeden Fall müssen Hinzuverdienstgrenzen für Vorruheständler neu überdacht werden. Und überhaupt taucht die Frage auf, ob das festgelegte Renteneintrittsalter noch einen Sinn hat.
Die demografische Entwicklung spricht dagegen. Die Menschen werden älter, erhalten mithin auch viel länger Rente. Diesem Trend können die Rententräger mit dem heutigen System auf Dauer nicht begegnen. Deshalb ist es eine gute Idee, die Rentenhöhe grundsätzlich an die Beitragsjahre zu koppeln und es den Arbeitnehmern zu überlassen, wann sie in den Ruhestand treten.
Bei aller neu entdeckten Liebe zur älteren Generation dürfen aber die nicht vergessen werden, die nach Jahren auf dem Bau oder am Fließband im fortgeschrittenen Alter mangels Belastbarkeit nicht mehr gefragt sind.
Die mögliche Abschaffung des Renteneintrittsalters könnte als Anfang vom Ende des solidarischen Rentensystems missgedeutet werden. Das wäre fatal. Schon heute ist die Kritik an Altersarmut kein Gejammer von Sozialromantikern, sondern in zu vielen Fällen bittere Realität.
Wenn die Qualität des Lebensabends von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt abhängt, verliert Deutschland etwas, das es immer noch wohltuend von vielen anderen Industriestaaten unterscheidet.