Ermittlungen gegen Wulff: Eine neue Eskalationsstufe ist erreicht
Ermittlung gegen Wulff werden sich quälend lang hinziehen
Niemand hätte es noch vor kurzem für möglich gehalten, dass die Staatsanwaltschaft im Privathaus eines Ex-Bundespräsidenten eine Durchsuchung durchführt. Selbst wenn diese mit Zustimmung des Ehepaars Wulff geschah, ist eine neue Eskalationsstufe erreicht.
Denn die Freiwilligkeit ist nichts, was für Christian Wulff spricht, sondern für das Fingerspitzengefühl des Teams um den mittlerweile sehr bekanntgewordenen Staatsanwalt Clemens Eimterbäumer. Ohne Kooperation der Wulffs hätten sich die Ermittler nämlich leicht einen Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht Hannover besorgen können — beziehungsweise sogar müssen. Denn dem ehemaligen Bundespräsidenten wird Vorteilsnahme vorgeworfen. Dafür kann er bis zu drei Jahre hinter Gitter kommen. Es handelt sich dabei zwar nicht um ein schweres Verbrechen, für eine Hausdurchsuchung sind die Vorwürfe jedoch schwerwiegend genug.
Die Ermittlungen gegen Wulff werden sich quälend lange hinziehen. Allein die Auswertung der Daten auf den mitgenommenen Computern dürfte dauern. Hinzu kommen die Materialien, die zuvor beim Wulff-Freund und Filmproduzenten Groenewold sichergestellt wurden. Und wenn man bedenkt, dass allein die niedersächsische Staatskanzlei den Ermittlern am Freitag 450 bedruckte Seiten übergab, ahnt man den zeitlichen Aufwand.
Die Staatsanwaltschaft muss auch deshalb akribisch vorgehen, um in diesem brisanten Fall jeden Anschein von Schludrigkeit zu vermeiden. Allerdings wird mit jedem Tag der Ermittlungen das Amt des Bundespräsidenten und auch das persönliche Ansehen seines Ex-Inhabers weiter Schaden nehmen. Das ist bedauerlich, aber nicht zu vermeiden.
Wobei bei Wulff in Sachen öffentlicher Meinung nicht mehr viel kaputt zu machen ist. Bislang verlangten noch weite Teile der Bevölkerung Sachlichkeit im Umgang mit den Vorwürfen gegen ihn. Das hat sich geändert, seit festzustehen scheint, dass Wulff bis zu seinem Lebensende den Steuerzahler wegen seines Ehrensolds, Sekretariats, Büros und eines Dienstwagens mit Chauffeur jährlich eine halbe Million Euro kosten wird. Diese Leistungen stünden ihm sogar zu, falls er wegen Vorteilsnahme tatsächlich verurteilt würde. Ein schwer erträglicher Gedanke.