Meinung Drei CSU-Bruchpiloten im Kamikazeflug

Er ist der große Verlierer des Unionsstreits — und mit ihm seine Partei: Horst Seehofers Ankündigung, notfalls zurücktreten zu wollen, ist die Konsequenz eines wochenlangen Irrflugs, den der Innenminister hingelegt hat.

Mit zwei wildgewordenen Co-Piloten an seiner Seite: Dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und dem CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Neues Vertrauen, neue Glaubwürdigkeit wollten die Christsozialen nach dem Debakel bei der Bundestagswahl im letzten Jahr aufbauen, um bei der anstehenden Landtagswahl im Oktober gegen die AfD zu punkten. Pustekuchen. Der Asylstreit hat das Gegenteil bewirkt, man hat sich verzockt. Ein Großteil der eigenen Wähler goutierte das Vorgehen nicht, neue hat die CSU laut Umfragen erst recht nicht dazu gewonnen. Es geht bergab mit den Christsozialen in Bayern. Kein Sieg, kein Erfolg, kein Geländegewinn. Wer jetzt noch glaubt, die absolute Mehrheit im Freistaat verteidigen zu können, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Die Partei bleibt extrem zerrissen zurück.

Die CSU-Granden haben die von ihr angezettelte Revolte schlichtweg unterschätzt. Denn in der Politik sind die Steine, die man ins Rollen bringt, ohne Strategie nicht mehr zu stoppen. In München hat man die Dinge aber nicht vom Ende her bedacht, aus Wut, aus Frust über die vergangenen drei Jahre, in denen die Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik nicht an allen, aber an vielen Stellen standhaft geblieben ist. Letztlich ging es den CSU-Granden dann nur noch darum, Recht zu behalten. Aber nicht darum, eine einfache Sachfrage zu lösen. Kamikazepolitik war das.

Noch etwas haben die Christsozialen unterschätzt: die Hartnäckigkeit von Angela Merkel. Die Kanzlerin hat geschafft, was ihr keiner wirklich zugetraut hat; sie hat ein beachtliches Ergebnis aus Brüssel mitgebracht, das keine weitere Konfrontation mit ihr rechtfertigte. Seehofer hätte da schon sagen können, wir haben Merkel getrieben, uns ist es zu verdanken, dass in der europäischen Flüchtlingspolitik wichtige Ergebnisse erzielt worden sind, die nun aber auch zügig umgesetzt werden müssen. Damit hätte die CSU und ihr Innenminister das Gesicht wahren und Merkel weiter antreiben können. Doch die politische und persönliche Verbohrtheit hat das verhindert.

Wenn der Innenminister geht, bleibt die CSU in der Bundesregierung. Und damit soll alles wieder gut werden? Nach all dem Porzellan, das in den vergangenen Tagen zerschlagen worden ist, wird diese Unionsgemeinschaft in den nächsten drei Jahren nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Das wiederum wird dem Land schaden.

Angela Merkel ist deshalb nicht stabilisiert. Ihr ist es vorerst zwar gelungen, ihr politisches Erbe, nämlich als lupenreine Europäerin in die Geschichte einzugehen, erfolgreich zu verteidigen. Freilich um den Preis eines immensen Autoritätsverlustes. Und mal ehrlich - sich so von der Regionalpartei CSU treiben zu lassen, ist einer Kanzlerin eigentlich nicht würdig.