Helm tragen — auch ohne Helmpflicht

Ein richtiges Urteil, das nicht falsch gedeutet werden darf

Ein Kommentar von Peter Kurz.

Foto: Young David (DY)

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zur (Nicht-) Helmpflicht ist richtig. Doch birgt es eine Gefahr — die Gefahr, missverstanden zu werden.

Es ist gut, dass die höchsten Richter die Rechtsprechung der unteren Instanz wieder eingefangen haben. Diese hatte gesagt: Das Fehlverhalten einer Autofahrerin war zwar ursächlich für den Unfall. Hätte aber die Radlerin einen Helm getragen, dann wären ihre Verletzungen nicht so schwer ausgefallen. Daher wurde ihr eine Mitschuld an dem allein von der Autofahrerin verursachten Unfall aufgebürdet. Ihr Schadenersatzanspruch verminderte sich.

Diese Verlagerung eines Teils der Schuld heißt aber: Einführung einer Helmpflicht durch die Hintertür. Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine Helmpflicht für Radfahrer entschieden. Jedenfalls sind entsprechende Initiativen immer wieder gescheitert. Da darf die Justiz nicht ihrerseits diese Entscheidung korrigieren, indem sie indirekt über die zivilrechtliche Haftung eine Helmpflicht einführt. Das kann nicht die Aufgabe von Richtern sein. An eben diese Vorgabe haben sich die Bundesrichter zu Recht gehalten. Kein Mitverschulden der Radlerin also. Gut so.

Trotzdem darf die Botschaft dieses Urteils nicht sein, dass Fahrradfahrer ruhig „oben ohne“ im Straßenverkehr unterwegs sein sollten. Niemand darf sich durch die Argumente der Helmpflicht-Gegner in falscher Sicherheit wiegen. Da wird wohlfeil gefordert, es müsse mehr Radwege geben, Autofahrer müssten mehr Rücksicht nehmen. Alles richtig, aber was hilft das heute dem Radler, der sich hochriskant im selben Verkehrsraum mit oft unachtsamen Autofahrern bewegt? Hier kann ein Helm im Fall des Falles böse Kopfverletzungen verhindern.

Die Fahrradfahrerlobby mahnt, dass bei einer Helmpflicht weniger Menschen Rad fahren würden. Das sei weder gut für die individuelle Gesundheit noch für die Umwelt. Mag sein, dass der eine oder andere aus ästhetischen Gründen oder weil die Frisur in Unordnung gerät bei einer Helmpflicht nicht mehr aufs Rad steigt. Doch welch lächerliche Abwägungen sind das? Ein Kollege, der jeden Tag mit Helm zur Arbeit radelt, hält treffend dagegen: lieber Helmfrisur als Schädelfissur.