Herausforderung 2015: Frieden erhalten
Deutschland hat international Verantwortung übernommen
Es ist den Deutschen im Jahr 2014 vielleicht etwas bewusster geworden, was ihr Land international ist: ein überaus bedeutender Akteur. Wer wird denn sonst noch so stark gefragt in der Ukraine-Krise, welches Land steht denn außer Italien sonst noch so im Zentrum der Flüchtlingsbewegungen, wer ist der stabile Anker und Reformtreiber im krisenhaften Euroraum? Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier haben sehr eindrucksvoll gezeigt, was mehr Verantwortung in der Praxis bedeutet. Die Krim-Krise, der Gaza-Konflikt, das iranische Atomprogramm, die internationale Anti-IS-Koalition, Ebola. Deutschland hat vermittelt, hat koordiniert, hat Auswege gesucht, hat geholfen. Und zwar an führender Stelle. Dazu das Zusammenhalten Europas. Die Regierung hat sich nicht von den antieuropäischen Stimmungen anstecken lassen, von der unseligen Pkw-Maut abgesehen nicht einmal in Wahlkämpfen.
Anderes jedoch ist noch längst nicht stimmig. Die kleinen Militäreinsätze in Mali, im Nordirak und bei der Ebola-Bekämpfung haben auf geradezu peinliche Weise gezeigt, wie schlecht der Ausrüstungszustand der Bundeswehr ist. Eine international bedeutende Macht kann sich zwar zurückhaltend verhalten, aber überhaupt keine Muskeln haben, das darf sie nicht. Mindestens bei diesem Etatposten dürfte in den nächsten Jahren die Friedensdividende ausfallen.
Sie entfällt sowieso, denn auch die direkte Bedrohung Europas ist zurückgekehrt. Russland erklärt dem Westen immer offener seine Rivalität. Und was dem unberechenbaren türkischen Präsidenten Erdogan noch so einfällt, ist unklarer denn je. Die nach der Befreiung des Ostblocks vom Sozialismus gefundene friedliche Nachwende-Ordnung des Kontinents ist jedenfalls wieder in Gefahr. Sie zu erhalten, wird die zentrale Herausforderung im Jahr 2015 sein.
Anderes bleibt als Aufgabe. Die Euro-Stabilisierung, der Umgang mit Flüchtlingen, der globale Klimaschutz, für den 2015 ein entscheidendes Jahr sein wird. Deutschland muss dabei seiner Bedeutung gemäß weiter aktiv mitarbeiten. Nicht mehr. Aber ganz sicher auch nicht weniger.