Meinung Herbstgutachten der Wirtschaftsforscher: Nützliche Idioten

Die führenden Wirtschaftsforscher in Deutschland müssen sich mittlerweile fast schon wie nützliche Idioten vorkommen. Gleich zweimal im Jahr werden sie von der Bundesregierung mit dem Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über die konjunkturelle Entwicklung bedacht.

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Ihre Wachstumsprognosen sind willkommen. Doch das Kapitel zu den wirtschaftspolitischen Konsequenzen scheint jedes Mal eine Arbeit für den Papierkorb zu sein.

Schon mehrfach haben die Forscher in der Vergangenheit einen Umbau des Steuersystems angemahnt. Auch im jüngsten Frühjahrsgutachten wurde die "nach wie vor" hohe Steuer- und Abgabenlast als "Wachstumshemmnis" kritisiert. In der aktuellen Herbst-Expertise liest sich das wieder fast genauso. Und die Forscher stehen mit ihrer Auffassung längst nicht allein. Von der OECD ist die Bundesregierung ebenfalls immer wieder für ihre Steuerpolitik kritisiert worden. Man könnte auch sagen, für ihre Politikverweigerung auf diesem Feld.

Die Gesamtbelastung von Steuern und Abgaben auf Arbeitseinkommen liegt in Deutschland deutlich über der in anderen entwickelten Industriestaaten. Das ist nicht nur leistungsfeindlich, sondern mittlerweile auch ziemlich absurd, wenn man sich die Einnahmeüberschüsse des Staates vor Augen hält. Allein für dieses Jahr wird ein positiver Saldo von mehr als 20 Milliarden Euro erwartet. Höchste Zeit, einen Teil davon den Menschen zurückzugeben, die diese Überschüsse erarbeiten. Doch stattdessen sinniert die Regierung über "Haltelinien" beim Rentenniveau, bei denen am Ende die Beitragsbelastungen womöglich kein Halten mehr kennen.

Noch scheint kein Wölkchen den Konjunkturhimmel in Deutschland zu trüben. Soll das auch für die weitere Zukunft so bleiben, muss Schwarz-Rot zügig die Weichen dafür stellen. Eine umfassende Steuerreform wäre ein guter Anfang.