Meinung Wirtschaftswachstum - Gute Zahlen, schlechte Zahlen

Wenn die Wirtschaft in NRW nach einem Nullwachstum im vergangenen Jahr auf plus 2,1 Prozent im ersten Halbjahr 2016 wächst, ist das gut. Sollte man meinen. Und wenn dann einer sagt, „Abgerechnet wird zum Schluss“ — so geschehen gestern in einer Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion — spürt man förmlich den Ärger über die guten Zahlen.

Foto: Sergej Lepke

Abgerechnet wird zum Schluss — hinter dem Satz scheint die Hoffnung zu stehen, dass die Jahreszahlen, wenn sie dann kurz vor der Landtagswahl kommen, schlechter ausfallen. Damit man wieder wie zuletzt auf die Landesregierung zeigen kann: Schaut her, die kann es nicht. Wählt uns! Das Landeswohl rückt in den Hintergrund offensichtlichen Parteiinteresses.

Ähnlich die Reaktion der FDP, die beschwört, dass NRW weiterhin schlechter dasteht als der deutsche Durchschnitt. Wo gar FDP-Chef Lindner den Jubel von Wirtschaftsminister Duin (SPD) über die verbesserten Zahlen als „Zeichen seiner offensichtlichen Verzweiflung“ auslegt. Jubel der Verzweiflung — welch schräges Bild.

Umgekehrt sollte auch die Landesregierung sich nicht zu sehr in Selbstlobhudelei ergehen. Wie war das doch noch gleich, als Ministerpräsidentin Kraft die zuletzt schlechten Zahlen zu erklären versuchte: Die Regierung habe nun mal keinen Einfluss auf weltweite Bedingungen wie Überkapazitäten beim Stahl, Ölpreis oder Entwicklungen in wichtigen Exportländern, hatte sie gesagt. Was im Negativen gilt, gilt auch im Positiven.

Nach den jüngsten Zahlen ist das verbesserte Ergebnis auf das starke Wachstum der Dienstleistungen zurückzuführen, das die verhaltene Entwicklung der Industrie ausgleicht. Das muss kein gutes Zeichen sein. Oder wie es Arnd Kirchhoff, Präsident des Unternehmerverbands, kürzlich sagte: Wohlstand fällt nicht wie Manna vom Himmel. Dienstleistende Tätigkeiten basieren am Ende auf der Industrie und sind von ihr abhängig.