Meinung Kinder statt Roboter
In Japan, Schlusslicht der Welt-Fertilitätsstatistik, setzen sie jetzt verstärkt auf Roboter, weil Menschen fehlen. Irgendwer muss die vielen Alten ja pflegen und bekochen. Schöne, neue Welt. In Japan mag das ein Ausweg sein.
Für das wirtschaftlich viel schwächere Ungarn gilt das wohl nicht. Das stark alternde Land, das sich gerade mit großem Stolz einzäunt und jede Zuwanderung ablehnt, wird Europa in ein paar Jahren um Hilfe rufen. Italien hat gerade mit einer "Fruchtbarkeitskampagne" versucht, den demografischen Untergang aufzuhalten. Der Versuch wurde schon wegen seines sexistischen Charakters schnell wieder eingestellt, aber selbst bessere Plakate helfen wenig, wenn ein Land die Last der Kinderbetreuung so einseitig auf die Frauen verlagert, wie der Mittelmeerstaat.
Auch Deutschland wäre mit einer Fertilitätsrate von zuletzt rund 1,4 pro Frau bereits ein rasant aussterbendes Land, wenn es nicht seit Langem Zuwanderung gäbe. Und wenn nicht die Familienpolitik jetzt endlich erste Erfolge zeigen würde. Die von Bevölkerungsforschern ermittelte Trendwende und der vorausgesagte Anstieg auf 1,6 Geburten je Frau sind die Belohnung für späte Erkenntnisse der Politik: Um sich für ein, zwei oder sogar drei Kinder zu entscheiden, auch in einem jüngeren Lebensalter, brauchen die Frauen, aber auch die Männer, ein Umfeld, das das Kinderhaben ermöglicht: Materielle Hilfen, Flexibilität seitens der Arbeitgeber auch bei den Arbeitszeiten, gleiche Karrierechancen und immer wieder: Mehr Betreuungsmöglichkeiten.
Es geht nicht nur um Geld, sondern mindestens genauso sehr um Einstellungen. Es geht um ein Klima, das Familien in jeder Hinsicht akzeptiert. Hier ist in Deutschland der Nachholbedarf noch groß, wie das Beispiel eines Luxushotels im brandenburgischen Bad Saarow zeigt, das sich derzeit als "Erwachsenenhotel" anbietet und einen ruhigen, kinderfreien Aufenthalt garantiert. So lange so etwas keine Proteststürme entfacht, läuft etwas falsch. Oder auch, wenn Gerichte immer wieder Klagen von Grundstücksbesitzern gegen benachbarte Spielplätze oder Schulhöfe verhandeln müssen.
In Deutschland muss sich noch viel ändern, bevor die Rate von 2,1 Geburten je Frau erreicht ist, die nötig ist, um die Bevölkerung zu halten. In Frankreich gelingt das seit langem. Dort fühlt sich keine Mutter als Rabenmutter, wenn sie ihr Kind in eine Betreuung gibt. Dort gehören Familien und Kinder viel selbstverständlicher zum Alltag, auch in den Restaurants und Hotels. Bis Deutschland so weit ist, ist es noch ein weiter Weg. Die Familienpolitik muss konzentriert weiter machen, wie sie in den letzten Jahren betrieben wurde: Konsequent zugunsten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und ganz konsequent zugunsten der Rechte von Kindern.