Meinung Autorennen — warum ein schärferes Gesetz richtig ist
Kann das ein Mord sein, wenn zwei Verrückte mit 160 Stundenkilometern durch die Innenstadt rasen und es dann zu einem Crash mit Todesfolge kommt? Vor dem Landgericht Berlin argumentiert die Staatsanwaltschaft im Fall eines illegalen Autorennens derzeit genau so.
Für Mord braucht es ein Mordmerkmal — und das sei hier gleich zweifach gegeben. Zum einen hätten die Raser „aus niedrigen Beweggründen“ gehandelt, weil sie ohne Rücksicht auf Verluste ihr Wettrennen durchzogen. Zum anderen handelten sie mit „gemeingefährlichen Mitteln“. Gemeingefährlich ist ein Mittel dann, wenn es der Täter im konkreten Fall nicht beherrschen kann und es eine Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen mit sich bringt. Wer beherrscht schon sein Auto, wenn er mit 160 km/h durch die City fährt? Also alles klar — Mordmerkmale verwirklicht.
Wenn es nur so einfach wäre. Denn es muss ja auch noch der für einen Mord erforderliche Tötungsvorsatz nachgewiesen werden. Der Vorsatz, an einem illegalen Rennen teilzunehmen, ist nicht identisch mit dem Vorsatz, dabei einen Menschen zu töten. Also doch nur fahrlässige Tötung?
Das erscheint auch wieder unangemessen. Verkehrsregeln werden schließlich ganz bewusst übertreten, es wird mit dem eigenen Leben und dem Leben völlig Unbeteiligter Russisches Roulette gespielt.
Diese Gedanken, die sich die Richter bei der Beurteilung illegaler Autorennen machen müssen, zeigen, wie schwierig es ist, dem Problem mit dem Strafrecht angemessen beizukommen. Darum ist es richtig, wenn es hier zu einer Gesetzesverschärfung kommt. Um uns alle zu schützen, darf ein solches Handeln nicht länger wie bisher verniedlichend als „übermäßige Straßenbenutzung“ im Sinne des Paragrafen 29 der Straßenverkehrsordnung geahndet werden — mit einem lächerlichen Bußgeld.
Wirklich abschreckend kann es da nur wirken, wenn schon die bloße Teilnahme an einem illegalen Autorennen mit einer fühlbaren Strafe bedroht wird. Und wenn die Täter befürchten müssen, dass sie sowohl den Führerschein als auch ihre „Tatwaffe“ verlieren — das geliebte Auto, ihr Identifikationsobjekt. Das Kräftemessen auf der Straße ist kein Computerspiel, sondern ein Spiel mit dem Tod. Es ist höchste Zeit, dass der Gesetzgeber dies all jenen Selbstdarstellern, die das aus welchen Gründen auch immer nicht verstehen, mit einem unmissverständlichen Warnzeichen erklärt.