Meinung Incirlik: Keine wirklichen Freunde
Es wirkt so, als habe erst die "rechtliche Klarstellung" der Bundesregierung in Sachen Armenien-Resolution in der letzten Woche, den Durchbruch geschafft. Viele werden das nun behaupten, die Türkei natürlich auch.
Doch ist viel wahrscheinlicher, dass die harte Drohung unter anderem der SPD, die Aufklärungstornados aus Incirlik abzuziehen, das Umdenken in Ankara ausgelöst hat. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, sie braucht für ihren Einsatz die Zustimmung des Bundestages. Und die gibt es nicht, wenn den Abgeordneten nicht einmal einen Besuch bei den Soldaten gestattet wird. Das war die einfache Gleichung, die in Berlin aufgemacht wurde, und die auf der anderen Seite auch verstanden wurde. Die diplomatischen Verrenkungen in Sachen Armenien-Resolution dienten wohl eher dem Zweck, Ankara eine gesichtswahrende Rücknahme seines Besuchsverbots zu ermöglichen, das sich zum Bumerang entwickelt hätte.
Denn die Bundeswehr hätte Alternativen zu Incirlik gehabt, Jordanien etwa. Das wurde ja schon geprüft. Die Türkei aber nicht. Sie braucht für den Kampf gegen den IS, den sie nach den Bombenanschlägen jetzt ernsthafter als bisher aufgenommen hat, die internationale Gemeinschaft. Die Amerikaner fliegen ebenfalls von der Türkei aus, die Awacs-Aufklärer kommen demnächst hinzu. Es ist besser, sich wenigstens für diesen Kampf zusammenzuraufen, als sich in symbolischen Fragen zu zerstreiten. Dass alle Beteiligten noch andere, große Probleme miteinander haben, bleibt unbenommen. Sie reichen weiterhin von der Haltung zum Völkermord an den Armeniern über den Umgang mit den Kurden und Oppositionellen bis hin zur Beschlagnahme des Interviews eines deutschen Fernsehsenders durch türkische Stellen. Militärische Partner sind die Türkei und Deutschland. Aber wirkliche Freunde derzeit nicht.